Siemens Dialog
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13.05.2024, 21:05 Uhr

Österreich: Tarifrunde in der Krise

  • 28.04.2009
  • Konzern

In Österreich wurden am Montag die Tarifverhandlungen für rund 50.000 Beschäftigte der Elektroindustrie abgebrochen - die dritte Runde ohne Ergebnis. Gewerkschaften und Beschäftigte auch bei Siemens stellen sich nun auf Aktionen ein, um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen: Einen Inflationsausgleich durch nachhaltige Lohn- und Gehaltserhöhungen.

Es liegt auf der Hand, dass Tarifverhandlungen angesichts der Wirtschaftskrise noch schwieriger werden, als sie es üblicherweise ohnehin schon sind. Die Arbeitgeber in Österreich, so der Vorwurf der Gewerkschaften GPA (<link http: www.gpa-djp.at _blank external-link-new-window>undefinedGewerkschaft der Privatangestellten) und GMTN (<link http: www.gmtn.at _blank external-link-new-window>undefinedGewerkschaft Metall-Textil-Nahrung), wollen offenbar die Krise dazu nutzen, die "Spielregeln" zu ändern: "Bei der Berechnung der Gehaltserhöhung sollen zukünftig nicht mehr wie bisher die Kennzahlen des Vorjahres berücksichtigt werden, sondern ausschließlich die Zukunft. Gleichzeitig verhalten sich die Unternehmen bei der Ausschüttung von Dividenden und Bonuszahlungen als ob es keine Krise gäbe."

Resolution zur Verantwortung der Unternehmen

Eine nach der zweiten Verhandlungsrunde einberufene Konferenz der Betriebsratsvorsitzenden der Elektro- und Elektroindustrie beschloss am 23. April eine gemeinsame Resolution. Darin rufen sie die Unternehmer dazu auf, ihren Verpflichtungen gegenüber den Beschäftigten nachzukommen: "Es geht nicht an, dass die Krise ausschließlich auf dem Rücken der ArbeitnehmerInnen ausgetragen wird. Auch die Unternehmer müssen ihren Verpflichtungen nachkommen. Gerade jetzt sollte die Industrie ihre gesamtgesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen und ihren Beitrag zur Stärkung von Inlandsnachfrage und Kaufkraft zu leisten."

Die Betriebsräte räumen ein, dass das Wachstum durch die Wirtschaftskrise gebremst wird. Dennoch betonen sie, kein Verständnis dafür zu haben, "dass letztendlich die ArbeitnehmerInnen die Verantwortung für die Krisenbewältigung alleine übernehmen sollen" - die Parallelen zu den Positionen deutscher Kolleginnen und Kollegen sind gewiss kein Zufall.

Unterstützung bei Siemens

In Wien wurde die Resolution im Rahmen einer Betriebsversammlung am 27. April vor über 700 Siemens-Beschäftigten verlesen und einstimmig unterstützt (Foto). Die Vorsitzenden der in Österreich getrennten Betriebsräte für Arbeiter und Angestellte stellten gemeinsam klar, dass es gerade in der Krise zumindest einen Inflationsausgleich geben muss, denn: "Das einzige, was die Wirtschaft noch am Leben erhält, ist die Kaufkraft der Menschen."

Um den Bezug zwischen den Tarifforderungen und der Lage der Unternehmen zu verdeutlichen, führten die Betriebsratsvorsitzenden die Höhe der in Österreich 2007 und 2008 ausgeschütteten Dividenden an: 150  beziehungsweise 135 Millionen Euro. Von diesem warem Geldregen fordern sie einen fairen Anteil für diejenigen, die ihn erwirtschaftet haben: "Jetzt in der Krise kommt in allen Branchen und allen Betrieben klar heraus, welche Arbeitgeber zu ihren Beschäftigten stehen. Wir fordern unsere Eigentümer auf, zu uns Siemens-Beschäftigten und deren Familien zu stehen."

Aktionsplanung läuft

Die nächste Verhandlung ist für den 18. Mai angesetzt. Dann wird sich herausstellen, ob die Appelle der Beschäftigten und ihrer Vertreter eine Bewegung auf der Arbeitgeberseite bewirken. Sollte dies nicht geschehen, kündigen die Gewerkschaften schon jetzt an, sich mit öffentlichen Protesten Gehör zu verschaffen.