Ein Mailänder Gericht hat Siemens am 28. April für ein Jahr von allen öffentlichen Ausschreibungen in ganz Italien ausgeschlossen. Siemens ist damit bis auf weiteres grundsätzlich untersagt, Geschäfte mit staatseigenen Unternehmen oder Behörden zu machen.

Hintergrund für die ebenso wirtschaftlich bedenkliche wie imageschädigende Ohrfeige ist ein Korruptionsverfahren. Im Zuge seit rund einem Jahr laufender Untersuchungen gegen den italienischen Enel-Konzern sind auch Geschäfte mit Siemens ins Visier der Ermittler geraten. Im Zentrum der Affäre stehen offenbar Aufträge, die die Enel-Tochter Enelpower zur Modernisierung italienischer Kraftwerke vergeben hat. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft gegen Siemens lautet, das Unternehmen habe Schmiergelder in Höhe von sechs Millionen Euro an damalige Vorstandsmitglieder von Enelpower gezahlt, um im Jahr 2000 an Aufträge für Gasturbinen zu kommen.

Siemens Italia mag sich zu den Vorwürfen nicht äußern; was die Anordnung zum Ausschluss der Vergabeverfahren angehe, prüfe man diese jedoch derzeit "Wort für Wort." Bekannt ist bereits, dass Siemens Italia schon letzten Dezember im Zusammenhang mit den Ermittlungen wegen Korruption eine Entschädigung in höhe von 160 Millionen Euro angeboten hat - nicht gerade ein Zeichen dafür, dass man sich keiner Schuld bewusst ist.

Heinrich von Pierer gab sich auf Nachfrage bei der Halbjahrespressekonferenz am vergangenen Mittwoch gleichfalls zugeknöpft: "Ich kann das im Augenblick nicht kommentieren." Ob er nicht kann oder einfach nicht will, bleibt strittig, ist doch ein solches Thema deutlich weniger angenehm als das Philosophieren etwa über die Arbeitsmoral der Deutschen. Was bleibt, ist eine Schlappe, die den Widerspruch zwischen hochstilisiertem Unternehmensleitbild und rauem Geschäftsalltag auch einmal außerhalb der Thematik "Umgang mit Beschäftigten" demonstriert.