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01.05.2024, 23:05 Uhr

40 Stunden-Woche durch die Hintertür?

  • 28.06.2011
  • Allgemein

Die Diskussion um die tatsächlichen Ausmaße des Fachkräftemangels sowie mögliche Strategien, seine Folgen abzufedern, hat mit einem Treffen von Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften in der vergangenen Woche nochmals Rückenwind bekommen. Gleichzeitig blühen Versuche, sie für eigene Ziele einzuspannen - Beispiel Arbeitszeit.

Das Bonner IZA.

Ringen um einen Kompromiss

Das Treffen der Bundeskanzlerin am 22. Juni mit Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertretern auf Schloss Meseberg demonstrierte, dass alle beteiligten Seiten an einer tragfähigen Lösung mitarbeiten. Die Gewerkschaften wollen vor allem bislang ungenutztes Potenzial im eigenen Land besser einbinden, etwa durch Qualifizierungsoffensiven und bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Arbeitgeber würden gerne möglichst viele Beschränkungen für die Zuwanderung aus dem Ausland fallen sehen. Angela Merkel versuchte daraus einen Kompromiss zu formulieren: "Wir müssen sowohl die Arbeitskräfte im Land ausschöpfen als auch sachgerechte Zuwanderung in unsere Gesellschaft ermöglichen."

"Langfristig 300 Stunden im Jahr mehr"

Offiziell unerwähnt blieb die Arbeitszeit, stattdessen nehmen entsprechende Statements mehr oder weniger unabhängiger Wirtschaftsinstitute zu. Der Arbeitsmarktdirektor des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit (<link http: www.iza.org de webcontent index_html _blank external-link-new-window iza>undefinedIZA), Hilmar Schneider, rechnete dem "<link http: www.focus.de finanzen karriere berufsleben arbeitsmarktforscher-deutsche-muessen-kuenftig-mehr-schuften_aid_640317.html _blank external-link-new-window focus>undefinedFocus" vor, verstärkte Zuwanderung und Rente mit 67 reichten nicht aus, daher müsse man obendrein die Jahresarbeitszeit spürbar erhöhen: "Im Schnitt müssen wir langfristig 300 Stunden im Jahr mehr arbeiten. Das ist gut eine Stunde mehr am Tag."

Relativ unabhängig

Relativiert wird die Aussage durch einen genaueren Blick auf das IZA, das sich selbst als privat und unabhängig bezeichnet. Gegründet 1998 durch die Deutsche Post AG, finanziert sich das Institut maßgeblich durch Wirtschaftssponsorung der Deutsche Post-Stiftung, was sich wohl nicht nur in der Auswahl der entscheidenden Posten niederschlägt: Präsident ist der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Deutsche Post World Net, Klaus Zumwinkel; Direktor bereits seit der Gründung Klaus Zimmermann - Vorstand und früher Präsident des <link http: www.diw.de de diw_01.c.100376.de ueber_uns menschen_am_diw_berlin mitarbeiter innen _blank external-link-new-window diw>undefinedDeutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, wo er sich unter anderem auch schonmal für eine Mehrwertsteuererhöhung auf 25 Prozent einsetzte.

Weniger müssen mehr schuften

Trotz dieser Zusammenhänge hat Schneider auch eine gute Nachricht für die Beschäftigten: Erledigen weniger das selbe Arbeitsvolumen wie derzeit viele, bekommt am Ende jeder mehr Entgelt. "Lohnausgleich" würde man das nennen, sollte es tatsächlich so weit kommen. In Punkto Unterstützung der Wirtschaft kann man sich da wohl eher auf Schneiders Kernaussage verlassen : "Wenn wir weniger werden, müssen wir mehr schuften."