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03.05.2024, 06:05 Uhr

Bessere Chancen für Schwerbehinderte

  • 17.06.2009
  • Allgemein

Siemens' Gesamtbetriebsrat und Schwerbehindertenvertretung haben Ende Mai eine Integrationsvereinbarung für schwerbehinderte Beschäftigte mit der Firmenleitung unterschrieben. Darin enthalten sind verbindliche Verpflichtungen, mit denen sich Chancen und Behandlung der Betroffenen um Unternehmen spürbar verbessern.

Die Integrationsvereinbarung geht auf lange Bemühungen der Gesamt- und Konzernschwerbehindertenvertretung und des Gesamtbetriebsrats zurück. Ende 2008 hatte die Vorsitzender der Schwerbehindertenvertretung, Gerlinde Aumiller, Peter Löscher im Rahmen der Betriebsräteversammlung auf eine Rehie von Missständen hingewiesen; es folgen Treffen mit dem Management und Verhandlungen, die schließlich das gute Ergebnis ermöglichten.

Wichtige gesellschaftliche Verpflichtung

Die Präambel der Vereinbarung formuliert, welche Bedeutung Siemens schwerbehinderten MitarbeiterInnen zumisst: "Firmenleitung, Gesamtschwerbehindertenvertretung und Gesamtbetriebsrat stimmen darin überein, dass Menschen mit Behinderung im besonderen Maße die aktive Unterstützung des Unternehmens erhalten. Somit wird Chancengleichheit und Integration auf allen betrieblichen Ebenen gewährleistet. [...] Die Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen ist eine wichtige gesellschaftliche Verpflichtung des Unternehmens."

Als Ziele sind die Erfüllung der gesetzlichen Beschäftigungsquote von fünf Prozent, Arbeitsplatzerhalt und Arbeitsplatzsicherung für Betroffene, die Förderung der Neueinstellung von schwerbehinderten Menschen und ihre Qualifizierung, die Schaffung weiterer Ausbildungsplätze für schwerbehinderte Jugendliche sowie die Erhöhung der Anzahl von Praktikumsplätzen, die Planung und Durchführung präventiver Integrations- und Rehabilitationsmaßnahmen und die Barrierefreiheit in den Betrieben sowie bei den betrieblichen Kommunikationsmedien definiert. Diese positiven, aber eher grundsätzlichen Absichten werden durch verbindliche Details untermauert - so, wie es die Gesamtschwerbehindertenvertretung und der Gesamtbetriebsrat seit langem durchsetzen wollten (siehe Gesamtschwerbehindertenvertretung: Verbindliche Vorgaben gefordert).

Klar definierte Vorgaben bei Stellenbesetzungen und Qualifizierung

So wird ausdrücklich bestimmt, dass Schwerbehinderte bei Stellenbesetzungen jeder Art bevorzugt berücksichtigt werden müssen - und zwar unter enger Beteiligung von Schwerbehindertenvertretung und Betriebsräten. Beispiel interne Bewerbungen: "Schwerbehinderte Bewerber, die sich auf eine interne Stellenausschreibung beworben haben und die Anforderungen der Stelle erfüllen, sind grundsätzlich zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Die Schwerbehindertenvertretung ist vorher zu informieren."  Entsprechend konkrete Vorgaben gibt es auch für die Auswahl von Hochschul- und Fachhochschulabsolventen sowie die Übernahme von ZeitarbeitnehmerInnen und befristet Beschäftigten.

Das Förderprogramm "Arbeit auf Probe" regelt die Berücksichtigung von Werkstätten für Behinderte zur Erreichung der gesetzlichen Pflichtquote. Gemeinsam mit der örtlichen Schwerbehindertenvertretung und dem Betriebsrat sind Möglichkeiten für dort Beschäftigte zu prüfen und "Arbeitsplätze auf Probe" anzubieten. Um die Ergebnisse dieser Regelungen stichhaltig zu prüfen, ist die Anzahl neu eingestellter schwerbehinderter Mitarbeiter künftig Gegenstand des Sozialberichtes, der jährlich dem Wirtschaftsausschuss vorgestellt wird.

Bei internen Qualifizierungsmaßnahmen zur Förderung des beruflichen Fortkommens sind schwerbehinderte Mitarbeiter bei gleicher Eignung und Befähigung bevorzugt zu berücksichtigen. Für externe Maßnahmen soll ihnen die Teilnahme erleichtert werden. Kommt es zu Änderungen der Arbeits- und Betriebsorganisation müssen ihnen rechtzeitig Qualifizierungsmaßnahmen angeboten werden, wobei Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung zu informieren und einzubinden sind.

Schutz bei Restrukturierungsmaßnahmen

Auf besonders negative Erfahrungen der Schwerbehindertenvertretung um Zuge des SG&A-Programm gehen neue Regeln im Zusammenhang mit Restrukturierungsmaßnahmen ein. Um den besonderen gesetzlichen Kündigungsschutz voll umzusetzen, gibt es ein neues, verbindliches Verfahren: "Die Schwerbehindertenvertretung ist vor der beabsichtigten Aufnahme eines schwerbehinderten Mitarbeiters auf eine Namensliste frühzeitig einzubinden, um ggf. Arbeitsplatz erhaltende Maßnahmen einzuleiten. Individuelle Maßnahmen sind festzulegen (z.B. Qualifizierung, Versetzung, Einbeziehung von Integrationsfachdiensten). Die Umsetzung ist durch die Führungskraft unter Einbeziehung der zuständigen HR Organisation entsprechend zu dokumentieren und der Schwerbehindertenvertretung und dem Betriebsrat zu erläutern."

Schulung und Zusammenarbeit

Um die Integration in den Köpfen und der Praxis zu verankern, wird die Bedeutung des vorurteilsfreien und gleichberechtigten Umgangs mit schwerbehinderten Mitarbeitern in Führungskräfteschulungen aufgenommen. Betriebsleitung, Schwerbehindertenvertretung, Betriebsrat und Beauftragte des Arbeitgebers treffen sich regelmäßig zu gemeinsamen Besprechungen, um die Integrationsmaßnahmen zu überprüfen und die Umsetzung durch die zuständigen Gremien  sowie die Sicherung der Zusammenarbeit mit dem Integrationsamt, den Agenturen für Arbeit und den Bildungsträgern zu gewährleisten. Die örtlichen Schwerbehindertenvertretungen und der Betriebsrat sind mindestens einmal pro Jahr über die betrieblichen Integrationsmaßnahmen zu informieren.