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16.05.2024, 08:05 Uhr

Dieter Bohlen der Ökonomie

  • 27.10.2008
  • Allgemein

Ifo-Chef Hans-Werner Sinn ist bekannt dafür, seine Rolle als neoliberale Speerspitze vor allem durch maximale Provokation zu befördern - schließlich ist Empörung hevorragende Werbung. Mit dem Vergleich von Bankerschelte und Antisemitismus hat er dieses Mal selbst eingedenk dieses ohnehin fragwürdigen Konzepts neue Maßstäbe gesetzt.

Gegenüber dem <link http: www.tagesspiegel.de wirtschaft _blank external-link-new-window>undefined"Tagesspiegel" übte Sinn sich in Erklärungen zur Finanzkrise. Der Ton wirkte wie immer etwas ungeduldig, man merkt dem Mann an, wie wenig Verständnis er dafür hat, dass nicht jedermann sich seinen oft gewagten Theorien anschließt. Wer bei ihm und seinesgleichen eine Mitschuld an der Finanzkrise sieht, ätzt Sinn, habe wohl einen "Blackout", schließlich habe er schon immer, und so weiter und so fort, es wird allmählich etwas ermüdend.

Längst schon hat der kleine Mann mit dem großen Ego den Punkt überschritten, an dem man ihn noch ernst nehmen konnte. Nicht einmal die allzu naheliegenden Wortspiele mit seinem Namen machen noch so recht Spaß. Vielleicht liegt es daran, dass er immer noch einen draufsetzen muss, um sein übertriebenes Geltungsbedürfnis mit noch mehr Aufmerksamkeit für noch mehr Provokation zu befriedigen.

Das jedenfalls ist ihm gelungen, als er die Kritik an mit Milliarden pokernden Bankern mit dem Antisemitismus verglich, der die Weltwirtschaftskrise von 1929 begleitete. Abstruse Bilder gehören ohnehin unübersehbar zunehmend zum Sinn'schen Repertoire, im selben Interview etwa vergleicht er den Finanzmarkt mit einem Fußballspiel und, auf so einen Stammtischunfug muss man erst einmal kommen, dem Straßenverkehr in Indien.

Nun hagelt es also Kritik von allen Seiten. Man darf wohl annehmen, dass Sinn dieser Effekt von vornherein klar, ja wahrscheinlich erwünscht war; schließlich ist er ein abgebrühter Profi im Umgang mit den Medien, ohne die er vermutlich ein vergleichsweise bescheidenes Dasein an irgendeiner Professur fristen müsste. Wer am lautesten krakeelt, wird am besten wahrgenommen - eine geschmacklose Taktik also?

Wahrscheinlich. Und natürlich geht die Rechnung auf. Wer bei Google-News am Montag Vormittag "ifo sinn" eingibt, wird mit Ergebnissen vom selben Tag geradezu überhäuft. Das trifft sich aus Sinns Sicht vermutlich ganz hervorragend mit dem Umstand, dass er drei Tage zuvor ein neues Buch veröffentlicht hat, selbst wenn es sich dummerweise mit einem völlig anderen Thema beschäftigt - auch er hatte wohl noch die Finanzkrise noch nicht vorhergesehen, als er zu schreiben begann.

Unter dem Strich drängt sich der Eindruck auf, Sinn bediene sich in seiner Methode bei Dieter Bohlen. Auch der hat eigentlich nichts annähernd bemerkenswertes vorzuweisen und lebt daher in erster Linie von der medialen Hass-Liebe, die ihn in den Schlagzeilen und Diskussionen hält. Und er lebt gut davon. Oberflächliches Geschwätz sorgt eben für gute Quoten, vor allem, wenn hin und wieder eine besonders schockierend-dümmliche Frechheit einen Akzent setzt.