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07.05.2024, 19:05 Uhr

Mit 77 an die Werkbank

  • 26.11.2007
  • Allgemein

Kaum ist die Rente mit 67 gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung beschlossen, gehen die üblichen Verdächtigen in die nächste Runde: Nun ist von über 67, von 70 und, man glaubt es kaum, von 77 Jahren die Rede. Letzteres stammt vom einschlägig bekannten Vordenker der Neoliberalen, Hans-Werner von Sinn.

Die Rente mit 67 jedenfalls sei langfristig nicht ausreichend, erklärte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble Anfang vergangener Woche. Nun ist Schäuble einer, den das von Amts wegen kaum etwas angeht, bekanntlich gibt er jedoch leider gern den unbequemen Mahner für mehr Überwachungs- und weniger Sozialstaat.

Da springen Wirtschaftler wie der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Klaus Zimmermann allzu gern auf: "Es ist längst klar, dass nur die Rente mit 70 langfristig Entlastung bringt. Nur wenn sie bis 2030 eingeführt wird, sind größere Leistungskürzungen oder Beitragserhöhungen vermeidbar", so sein Statement.

Dem Ober-Neoliberalen Hans-Werner Sinn (Foto), seines Zeichens Präsident des Münchner Ifo-Instituts, wurde wohl bange, dass ihm sein bislang unangefochtener Rang als schockierendster Wachstumsfanatiker abgejagt wird - also legte er noch einen drauf: "Nach Berechnung der UN müssten die Deutschen bis 77 arbeiten, wenn man das heutige Rentenniveau ohne Erhöhung der Beitragssätze und Steuern beibehalten wollte." Immerhin, diese Zahl erkennt selbst er als "natürlich absurd", aber mit so etwas stößt man eben die Tür zu einer neuen Diskussion auf: "Sie zeigt, wie wenig wir die Lage im Griff haben und dass die Rente mit 67 nicht ausreicht."

Bei soviel pseudo-wissenschaftlicher Warnerei wirkt eine Stellungnahme aus der CSU im Vergleich richtig erleichternd: Als "Unsinn" bezeichnete Bayerns Arbeitsministerin Christa Stewens den Sturm im Wasserglas. Die Rente mit 67 sei eine wichtige Maßnahme zur nachhaltigen Absicherung der Rentenfinanzen, aber: "Wir dürfen den Bogen nicht überspannen."