Siemens Dialog
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29.04.2024, 18:04 Uhr

I MO: Umzug in den Elfenbeinturm

  • 04.06.2010
  • Operativ

Den Umzug der Stäbe von Industry Mobility nach Berlin beleuchtet ein Gastbeitrag der Liste mitEINANDER im Betriebsrat der Erlanger Stammhauses.

Die Begründung der I MO-Leitung für ihren beabsichtigten Umzug nach Berlin wirkt angesichts der internationalen Bedeutung und der propagierten großen Wachstumsraten ihres Geschäftes in China, Indien, Brasilien und Russland sehr provinziell: Mit einem Mal sollen die für I MO maßgeblichen Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft sowie potentielle Kunden in Berlin sitzen. Und deshalb sollen nun 80 Mitarbeiter - darunter 50 aus Erlangen - nach Berlin umziehen.

Gerade die Stäbe sind auf qualifizierte und schnelle Informationen aus wirklich allen Geschäftsgebieten der I MO angewiesen. Für sie bedeutet der Umzug nach Berlin zwangsläufig, der Umzug in den Elfenbeinturm. Das kann sich die I MO derzeit am aller wenigsten leisten.
 
Mehr Kosten, wenig Nutzen ...

Das wird vor allem eins bewirken: Deutlich mehr Reisekosten, mehr Aufwand für persönliche Kommunikation und ein erneuter Knowhow-Verlust. Denn die Mitarbeiter haben - von ihren persönlichen und familiären Bindungen abgesehen - bei Siemens in Erlangen mit den ca. 25.000 weltweit tätigen Mitarbeiter aller drei Sektoren deutlich mehr Alternativen für ihre berufliche Weiterentwicklung als in Berlin.

Zudem lässt sich der Nutzen dieser Verlagerung nur in sehr blumigen Worten beschreiben. Kaum konkret messbar wird er - wenn überhaupt vorhanden - mehr als bescheiden ausfallen.

Die dadurch verursachten Kosten werden an anderer Stelle wieder eingespart werden müssen. Voraussichtlich vor allem bei den Reisekosten der normalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus Vertrieb, Engineering und Außendienst. Das jedoch wird schwer zu vermitteln sein. Denn wer durch unnötige Beschlüsse selbst zusätzliche Kosten verursacht, wird wenig glaubwürdig, wenn er von seinen Mitarbeitern den sparsamen Umgang mit Ressourcen verlangt.

... gefährdet weitere Arbeitsplätze

Wie will die I MO-Leitung erklären, dass sie einerseits Schnittstellen reduzieren möchte und deshalb ihr Engineering gerne in die Werken umziehen würde, und auf der anderen Seite durch den Umzug der Stäbe nach Berlin neue Schnittstellen schafft? Statt wertvolle Zeit und Geld mit fragwürdigen Umzugsplänen zu verschwenden sollten sich die I MO-Leitungen mehr um Ihre Kunden in aller Welt und die Optimierung der internen Arbeitsabläufe und Prozesse kümmern. Im Geschäft mit Straßenbahnen ist es für viele Kollegen seit Jahren unerklärlich, warum es nicht gelingt einen Auftrag für die Straßenbahn hereinzuholen und damit die Arbeitsplätze dort zu sichern. Das würde allen Beteiligten weit mehr nützen, als mit unnötigen Umzügen neue Kostenlöcher zu erzeugen und weitere Arbeitsplätze zu gefährden.

Die „wahren“ Gründe

Die wenig überzeugenden Argumente für den Umzug fördern natürlich die Spekulationen über die „wahren“ Gründe.

Ist der Umzug der I MO-Stäbe nach Berlin nur die Vorhut? Sollen die weiteren Geschäftsgebiete der I MO folgen? Ist das der Anfang vom Ende der I MO in Erlangen?

Oder ist der Umzug nur als politisches Signal der Siemens AG an die Bundesregierung gedacht? Das wäre immerhin ein Argument, wenn auch nur ein politisches.  Im Zeitalter hoher internationaler Mobilität - an der die I MO gut verdient - gäbe es allerdings sicher wirksamere Möglichkeiten, die Bedeutung der Bundesregierung für das internationale Geschäft der Siemens AG zu unterstreichen.

Im Übrigen musste die I MO schon einmal mit dem Umzug des Turnkey-Geschäftes nach Berlin dazu herhalten. Auch die Turnkey-Abteilungen waren und sind auf einen intensiven Informationsaustausch mit wirklich allen Geschäftsgebieten der I MO angewiesen. Damals ist das der I MO nicht besonders gut bekommen. Ein zweites Mal sollte man denselben Fehler nicht machen.

(Doris Kindermann, Betriebsrätin Erlangen G)