Siemens Dialog
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30.04.2024, 05:04 Uhr

Arques taktiert weiter

  • 01.02.2010
  • Konzern

Das unerfreuliche Gerangel um Siemens' ehemalige Telefonsparte geht weiter. Mehrheitseigener Arques geht unter dem von Siemens ausgeübten Druck in die Offensive und bemüht sich, die Situation als unkritisch darzustellen. Die dazu getroffenen Aussagen allerdings erweisen sich spätestens auf den zweiten Blick vor allem als mehr oder weniger geschicktes Taktieren.

Würde Siemens gern draußen<br>haben: Arques-Vorstand Hütten.

Die Leidtragenden des Streites sind vor allem die mit viel Einsatz und durchaus erfolgreich arbeitenden Gigaset-Beschäftigten - nicht umsonst wurde das Werk in Bocholt im vergangenen Jahr durch die Zeitschrift "<link http: www.produktion.de _blank external-link-new-window>undefinedProduktion" mit dem Titel "Fabrik des Jahres" ausgezeichnet.

Gerüchte über neuen Investor

Seit rund einer Woche wird nun über Siemens' angebliche Suche nach einem neuen Investor spekuliert. Die dürfte sich allerdings, sollten dahinter Tatsachen stecken, nicht einfach gestalten - eigentlich kann Siemens Arques den Anteil von gut 80 Prozent nicht wieder abnehmen, solange kein grober Verstoß gegen die Kaufvereinbarungen nachzuweisen ist. Arques äußert entsprechend Unverständnis, will den störenden 'Partner' offenbar endgültig ausbooten und Gigaset im Herbst vollständig übernehmen, wie Vorstand und (Noch-)Gigaset-Geschäftsführer Michael Hütten (Foto) vergangenen Freitag erklärte. Für die insgesamt noch knapp 1.500 deutschen MitarbeiterInnen wäre dies unerfreulich; für sie bietet die Beteiligung Siemens' einen gewissen Schutz gegen die wenig zimperlichen Methoden der Finanzinvestoren.

Arques geht in die Offensive

Parallel zu dem Verfahren vor einem Schiedsgericht (siehe Siemens erhöht Druck auf Arques) geht Arques in dieser Situation in die Offensive und <link http: arques06.webcoffer-server.de _blank external-link-new-window>undefinedteilt mit, Gigaset sei "nach vorläufigen Zahlen für das Geschäftsjahr 2009 bereits deutlich früher als erwartet der Tunaround gelungen." Der Vorstandsvorsitzende Hans Gisbert Ulmke erklärt vollmundig, dies unterstreiche "die hohe Restrukturierungskompetenz der Arques" und kündigt für die Zukunft "eine nachhaltig positive Entwicklung bei Gigaset" an.

Gigaset-Restrukturierung "aus eigenem Cashflow"?

Das Ziel der Aktion ist offensichtlich. Unverkennbar will man vor allem Siemens' Vorwurf entkräften, Arques halte vereinbarte Zahlungen für die Restrukturierung zurück. Auf diesen Aspekt geht die Mitteilung eher unauffällig ein, indem sie für mögliche weitere Restrukturierungsmaßnahmen ankündigt, "diese werden aus eigenem Cashflow finanziert", im Klartext: Man beabsichtigt  nach wie vor keineswegs, die mit Siemens vereinbarte Summe von knapp 20 Millionen Euro zuzuschießen.

Gute Konditionen gehen ins Geld

Zur Umsetzung der aktuellen Pläne wird man indes solche Mittel brauchen, die Gigaset nach der Vorstellung Arques' dann wohl selbst finanzieren soll. Gegenüber der Nachrichtenagentur Dow Jones nämlich erklärte Hütten gerade erst, die weitere Restrukturierung werde rund 100 Arbeitsplätze vor allem in Entwicklung und Verwaltung kosten, was unter Umständen noch eher konservativ geschätzt ist. Da IG Metall und Betriebsräte im Zuge der Übernahme durch Arques für etwaig bei der Restrukturierung entfallende Arbeitsplätze überdurchschnittlich gute Konditionen erreicht hatten, würde allein dieser Stellenabbau erhebliche Mittel erfordern.

Dass trotz der wenig aussagekräftigen und zudem vorläufigen Zahlen zum Ergebnis - das EBITDA berücksichtigt weder außerordentliche Einmalkosten, noch Erlöse, Aufwendungen, Zinsen, Steuern oder Abschreibungen - der Kurs der Arques-Aktien mit der Meldung zweistellig nach oben schnellte, kommt der dem Vernehmen nach anhaltend klammen Arques sicher zusätzlich gelegen. Wie lange die Freude an der Börse anhält, ist allerdings ungewiss, kann man eine reale, nachhaltige Wertsteigerung doch schwer erkennen.