Siemens Dialog
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30.04.2024, 08:04 Uhr

Gigaset zurück an Siemens?

  • 23.02.2010
  • Konzern

Hin und wieder wurde angesichts des Zanks um Gigaset bereits in den vergangenen Wochen gemunkelt, am Ende könne Siemens versuchen, sich seine ehemalige Schnurlos-Sparte aus der unglückseligen "Partnerschaft" mit dem Investor zurückzuholen. Nun gibt Arques-Vorstand Michael Hütten, soeben durch Siemen von der Gigaset-Spitze gedrängt, den Gerüchten um diese Möglichkeit neue Nahrung.

Streit mit vielen Facetten

"Arques kann sich Rückgabe von Gigaset vorstellen" betitelte die "Welt am Sonntag" ihren ausführlichen <link http: www.welt.de wirtschaft article6491813 arques-kann-sich-rueckgabe-von-gigaset-vorstellen.html _blank external-link-new-window>undefinedArtikel über Gigaset. Er fasst den ganzen Vorgang noch einmal zusammen, vom mit <link http: www.siemens.com press de pressemitteilungen _blank external-link-new-window>undefinedVorschusslorbeeren versehenen Einstieg Arques' im Oktober 2008 bis zum Abschied des ehemaligen COM-Managers José Costa e Silva - dem jüngsten Zug in einer zunehmend ärgerlichen Auseinandersetzung. Die "Welt" komprimiert: "Es streiten sich der kleine Finanzinvestor Arques und der große Siemens-Konzern. Über Personal. Über die Auslegung von Verträgen. Über Geld. In Pressemitteilungen. In Hinterzimmerrunden. Und vor Gerichten."

Nachdem Arques nicht zuletzt aufgrund etlicher Fehlschläge bei anderen Beteiligungen in seichtes Fahrwasser geraten war, begann die Auseinandersetzung mit Siemens. Auslöser ist zum einen eine offene Forderung Siemens' beim Preis für die Übernahme, zum anderen die Weigerung Arques', wie vereinbart knapp 20 Millionen Euro für die laufende Restrukturierung zu zahlen (siehe Kein Geld für Gigaset?). Es folgte das Gerangel um die Besetzung des Vorstands von Gigaset, das in der Trennung von Costa e Silva seinen vorläufigen Höhepunkt gefunden hat.

Pokern gehört zum Handwerk

Während Arques in den diversen Meinungsverschiedenheiten mit Siemens unverkennbar auf Zeit spielt, rückt obendrein ein Termin näher, der den Konflikt zusätzlich anheizen dürfte: Zum ersten Oktober hat Arques eine Option auf Siemens' Restanteil an Gigaset in Höhe von 19,8 Prozent. Den Preis dafür dürften selbst die mutmaßlich chronisch leeren Kassen des Investors noch hergeben - er beträgt 5.000 Euro. Trotz juristischer Handlungsmöglichkeiten Siemens' hat Arques damit momentan einige Vorteile auf seiner Seite, und gleichzeitig nicht allzuviel zu verlieren.

Pokern gehört bekanntlich zum Grundhandwerk im Investorengeschäft; vielleicht ist der neueste Vorstoß von Vorstand Michael Hütten so zu verstehen.
Gegenüber der "Welt" jedenfalls erklärte er, man habe "nie die Auseinandersetzung mit Siemens gesucht", sei an einem konstruktiven Dialog interessiert und verschließe sich nicht "einer vernünftigen Lösung". Wer den Wink mit dme Zaunpfahl nach diesen Sätzen noch nicht wahrgenommen hat, bekommt mit diesem Satz Klarheit: "Wenn Siemens uns einen fairen Preis bietet, kann man ja darüber reden. Es geht aber nicht, dass Gigaset für null Euro an Siemens zurückgeht."

Investorendeals: Risiken und Nebenwirkungen für Unternehmen ...

Mit anderen Worten: Sollte Siemens angesichts der Erfahrungen mit BenQ und zahlreicher weiterer aktueller Baustellen im Konzern die Notbremse ziehen wollen, würde sich Arques seine knapp 18 Monate als Mehrheitseigner von Gigaset trotz eher überschaubarer Erfolge gern vergolden lassen. Siemens hingegen würde die eine oder andere Million abschreiben, um wieder weitgehend auf den Status vom August 2008 zurückzukehren und sich nach einem neuen "Partner" umzuschauen.

... und Beschäftigte

Wenig zu lachen haben so oder so auch die Gigaset-Beschäftigten. Die Belegschaft wurde über Monate kräftig geschrumpft, Arques rüttelt zunehmend ungeniert an den Abfindungskonditionen, und obendrein droht der Streit den verdientermaßen erstklassigen Ruf der Marke in Mitleidenschaft zu ziehen. Vielleicht sollte Finanzchef Joe Kaeser, der als einziger schon damals Vorstand war, gegebenenfalls etwas gründlicher über Risiken und Nebenwirkungen nachdenken, wenn es um die nächste Ausgliederung geht.