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27.04.2024, 09:04 Uhr

"Historischer Sieg" in Moorenbrunn

  • 19.03.2010
  • Operativ

Am Industry Automation-Standort Nürnberg Moorenbrunn hat die IG Metall-Liste bei den Betriebsratswahlen vom 16. bis 18. März eine solide zwei-Drittel-Mehrheit erreicht. Bemerkenswert ist nicht nur die enorme Steigerung gegenüber dem Jahr 2006, sondern auch, dass dies trotz kurioser Umtriebe der AUB gelang. Die Beschäftigten konnte sie damit ganz offensichtlich nicht überzeugen.

Von 46 auf 66 Prozent

2.827 Wahlberechtigte waren zum Urnengang aufgerufen, gut die Hälfte gab ihre Stimme ab. Von den 1.433 gültigen Stimmen entfielen 946 auf die IG Metall-Liste, also 66 Prozent oder fast genau zwei Drittel. Zum Vergleich: 2006 hatte sie sich noch mit knapp 46 Prozent begnügen müssen. Kein Wunder also, dass Klaus Benning, in der vergangenen Wahlperiode stellvertretender Betriebsratsvorsitzender, von einem "historischen Sieg" spricht. Künftig wird die IG Metall-Fraktion mit 14 von 21 Sitzen im Betriebsrat arbeiten können, ohne sich von der AUB ausbremsen zu lassen, die bisher ebenso wie die IG Metall-Liste zehn Mandate hielt. Zünglein an der Waage war damit seit 2006 die "Unabhängige Liste Moorenbrunn" mit einem Sitz im Gremium.

Enormer Zuwachs auf Kosten der AUB

Der enorme Zuwachs der IG Metall-Liste geht konsequenterweise mit einem entsprechenden Verlust der AUB einher. Sie kommt gerade einmal noch auf vier Sitze, zumal sie auch noch zwei an die "Unabhängige Liste Moorenbrunn" (jetzt drei) verloren hat. Interessant ist angesichts dieser Entwicklung ein Blick auf den Versuch der AUB-Liste, mit seltsamen Winkelzügen im Vorfeld der Wahl ihren Einfluss zu verteidigen.

Betriebszugehörigkeit SIS, Wahl in der AG?

Wie sich erst wenige Tage vor der Wahl herausstellte, gehört der Listenführer der AUB eigentlich zu Siemens IT Solutions and Servicves. Da SIS bekanntlich im Dezember 2009 von der Siemens AG abgespalten wurde und folglich überall wieder eigene Betriebsräte wählt, ist kaum nachvollziehbar, warum ausgerechnet ein Listenführer der AUB  trotzdem weiter aktives und passives Wahlrecht anderweitig haben soll. Rund zehn andere SIS-Kollegen mit Arbeitsplatz in Moorenbrunn jedenfalls waren dem Wahlvorstand von der Betriebsleitung erst gar nicht auf der Wählerliste gemeldet worden - der AUB-Kandidat jedoch schon.

Das kurzfristig eingeschaltete Arbeitsgericht kam aufgrund einer Abwägung der möglichen Folgen einer Streichung des umstrittenen Kandidaten von der Wählerliste zu dem Schluss, der potenzielle Schaden sei geringer,wenn er auf der Liste bleibe. Das neu gewählte Gremium müsse dann nach der Wahl endgültig feststellen, ob er nach seiner Betriebszugehörigkeit im Betriebsrat bleiben könne oder nicht; in letzterem Fall verliere er sein Mandat und der nächste Kandidat der Liste rücke nach.

Vorgang mit "G'schmäckle"

Die Frage ist also bis auf weiteres offen, wenngleich sie durch den beeindruckenden Sieg der IG Metall-Liste etwas an Brisanz verloren haben mag. In Moorenbrunn spricht man verständlicherweise dennoch von einem gewissen "G'schmäckle" der Angelegenheit, da sich der AUB-Listenführer auf eine Absprache mit der Betriebsleitung beruft, nach der er am Standort wählbar und wahlberechtigt sei.

Berücksichtigt man die Tatsache, dass beispielsweise in Essen und Frankfurt IG Metall-Betriebsräte ihr Mandat bei praktisch identischer Sachlage wegen Betriebszugehörigkeit zur SIS abgeben mussten, stellt sich die Frage, warum das in Moorenbrunn genau umgekehrt sein soll. Angesichts der mittlerweile hinlänglich bekannten Geschichte der AUB bei Siemens fällt es da nicht ganz leicht, einen leisen Verdacht der Bevorzugung von der Hand zu weisen.