Bei der Serviceorganisation von Siemens Energy in der Huttenstraße in Berlin-Moabit sind 74 Werkstudenten beschäftigt. Manche arbeiten seit mehreren Jahren 15 bis 20 Stunden pro Woche im Betrieb, viele werden nach Ende des Studiums übernommen. Seit Dezember 2008 sind 25 von ihnen der IG Metall beigetreten - ein nachahmenswerter Erfolg.
Der Betriebsratsvorsitzende Franz Plich ist die treibende Kraft hinter den Bemühungen um die Werkstudenten hier im Betrieb, der insgesamt rund 900 Beschäftigte zählt. Er erklärt den Hintergrund : "Wir sind die Serviceorganisation für Kraftwerke in Berlin, der Schwerpunkt sind Gasturbinenkraftwerke weltweit. Wir sind eine Marketing- und Vertriebsorganisation und implementieren auch die von uns verkauften Serviceleistungen weltweit. Wir gehen mit großen Summen um, bei uns wird gut verdient."
Angestellte in der Mehrheit
Plich stellt in der betrieblichen Praxis fest, was als statistischer Trend seit langem feststeht. Die Arbeitswelt ändert sich, der Anteil der Angestellten wächst stetig, wie das Beispiel der zwei Siemens-Betriebe Gasturbinenfertigung und Serviceorganisation mit insgesamt über 3.000 Beschäftigten zeigt: "Wir erleben gerade, dass die Angestellten die Mehrheit am Standort Huttenstrasse/Turbinenwerk geworden sind - immerhin eine Produktionsstätte!"
Dementsprechend sieht es auch mit den Werkstudenten aus. 74 sind es insgesamt beim Service, die meisten in Ingenieursstudiengängen, außerdem einige in der Betriebswirtschaft. Sie arbeiten sehr berufsnah und schon jetzt hochqualifiziert. In der Regel sind sie über mehrere Jahre 15 bis 20 Stunden die Woche im Betrieb und führen am Ende ihrer Werkstudententätigkeit schon fast Ingenieursaufgaben - auch für Siemens eine äußerst nützliche Struktur mit vergleichsweise niedrigen Kosten. Rund die Hälfte wird nach dem Abschluss eingestellt, viele davon sind dann mit den selben oder sehr ähnlichen Tätigkeiten wie vorher beschäftigt.
Tarifliche Einstufung für IG Metall-Mitglieder
Auslöser einer gezielten Werbeaktion war das Gerichtsurteil zur mitbestimmungspflichtigen tariflichen Einstufung von Werkstudenten (siehe Eingruppierung von Werkstudenten mitbestimmungspflichtig). Die Berliner IG Metall verstärkte ab Dezember ihre Bemühungen um die Werkstudenten, beispielweise mit Informationsflyern. Plich sprach sie im Betrieb vermehrt an und informierte gleichzeitig mit Email-Aktionen und Rundschreiben. Der nur für Gewerkschaftsmitglieder rechtssichere Anspruch auf die ERA-Einstufung ist dabei aus seiner Sicht eindeutig das Hauptargument, aber auch andere spezielle Probleme der Werkstudenten ging er an.
Ein einprägsames Beispiel ist die hohe Arbeitsbelastung bei Siemens, die bei manchen zur Vernachlässigung des Studiums führt. Für dieses Problem erwiesen sich auch die meisten Vorgesetzten grundsätzlich verständnisvoll und unterstützten den Ansatz "Ihr Studium hat Priorität". Der Betriebsratsvorsitzende argumentierte, dass bei besserer Bezahlung nach ERA-Tarifvertrag etliche Studenten die Arbeitsstunden reduzieren können, um sich besser auf das Studium zu konzentrieren.
Ohne Hochqualifizierte geht es nicht
Unverkennbar kam der Einsatz für ihre Belange bei den Werkstudenten gut an. Plich jedenfalls will das Ziel weiter verfolgen, auch wenn es bei manchen gewerblichen Kollegen auf Skepsis stößt und nicht immer Gegenliebe hervorruft. Seine Überzeugung zu diesem Thema deckt sich jedoch mit den meisten Zukunftsprognosen: "Die Werkstudenten sind die Ingenieure und Hochqualifizierten von morgen. Ohne ihre Gewinnung wird es nur eine eingeschränkte Durchsetzungsfähigkeit im Betrieb geben. Gleichzeitig erfahren auch sie eine Entwertung ihrer Arbeit, begleitet von großer Arbeitsbelastung mit entsprechenden gesundheitlichen und gesellschaftlichen Folgen."