Nach bisheriger Darstellung Wilhelm Schelskys hatte er zwar einen klaren Auftrag von Siemens, habe bei der Umsetzung jedoch stets frei und ohne konkrete Weisung gehandelt. Der "Stern" hat eine Reihe von Informationen zusammengetragen, die diese Behauptung zweifelhaft erscheinen lassen und schließt daraus: "Immer klarer wird, wie systematisch eine Marionettengewerkschaft aufgebaut wurde."

Als Beleg schildert die Zeitschrift einen Vorgang von 1997, bei dem der frühere ICN-Personalchef Matthias Bellmann, heute Personalvorstand bei Karstadt-Quelle, sowie sein langjähriger Chef bei CP, Günther Goth, als Akteure auftauchen. Letzterer soll damals einen Mitarbeiter der Personalabteilung als "potenziellen AUB-Spitzenkandidat" für die Betriebsratswahl am Wittelsbacher Platz ausgesucht haben, woraufhin Bellmann ein Treffen des Kandidaten in spe mit Schelsky im November 1997 in München arrangierte.

Der AUB-Chef stellte finanzielle Hilfe für die Wahl sowie Karrierevorteile bei einer späteren Rückkehr auf die alte Stelle in Aussicht; auf die konkrete Frage des Auserwählten, warum man gerade ihn anspreche, soll er geantwortet haben, dies sei mit Goth so abgesprochen. Der "Stern" fasst zusammen: Die Geschichte "zeigt, dass Schelsky aus der Personalzentrale um Goth direkt gesteuert wurde. [...] Der Kandidat der AUB wurde nicht von deren Chef ausgesucht, sondern von der Personalabteilung."

Aus der Kandidatur wurde nichts, der betreffende Mitarbeiter sprang ab. Dies, so schildert er heute, habe er direkt gegenüber Goth erklärt und bei dieser Gelegenheit vom Treffen mit Schelsky und dessen Versprechungen in Goths Namen berichtet. Der habe damals dazu geschwiegen und beschied dem "Stern" nun auf Nachfrage, er könne sich an den Fall nicht erinnern.