Der Gesamtbetriebsrat hat am 26. September dem zuvor mit der Firmenseite verhandelten Interessenausgleich für die von Abbau- und Verlagerungsplänen betroffenen Standorte von Process Industries and Drives (PD) zugestimmt. Anstelle der ursprünglich rund 2.000 werden demnach in den nächsten vier Jahren rund 1.450 Stellen in der BU Large Drives abgebaut; Fertigungskapazitäten bleiben jedoch erhalten.
Siemens hatte bekanntlich im März angekündigt, in Bad Neustadt (370), Nürnberg (733), Ruhstorf (710) und in kleinerem Umfang auch in Berlin (28) Stellen abzubauen oder zu verlagern. Auch dank starker Unterstützung der Belegschaften konnte dennoch ein Interessenausgleich erzielt werden, der aus Arbeitnehmersicht das herausholt, was angesichts der harten Haltung der Firmenseite möglich war. Ein wesentlicher Faktor war dabei die Vereinbarung zur Standort- und Beschäftigungssicherung (Radolfzell II), die Standortschließungen und betriebsbedingte Kündigungen ausschließt.
Der Abbau wurde vor diesem Hintergrund in harten und schwierigen Verhandlungen auf insgesamt gut 1.450 Stellen bei Large Drives reduziert, hinzu kommen weitere rund 250 in anderen Bereichen unter anderem in Erlangen. Auf die primär betroffenen Produktionsstandorte bezogen werden in Bad Neustadt ca. 330, in Berlin 28, Nürnberg ca. 590 und in Ruhstorf ca. 600 Stellen entfallen. Der bayerische IG Metall-Bezirksleiter Jürgen Wechsler sprach in einer ersten Reaktion von einer Enttäuschung für die Beschäftigten in den betroffenen Betrieben: "Die Abbauzahl ist schmerzlich und aus Arbeitnehmersicht nicht zufriedenstellend."
Siemens hatte sich in den zähen Verhandlungen hart gezeigt und alternativen Ansätzen verschlossen. Abgemildert wird das Ergebnis dieser Haltung jedoch durch die Bedingungen, nach denen gut ausgestattete Auffanggesellschaften, umfangreiche Qualifizierungsmöglichkeiten, Regelungen zu vorgezogener Altersteilzeit sowie Versetzungen und Ringtauschoptionen für die Betroffenen angeboten werden.
Als zentrales Anliegen konnte die Arbeitnehmerseite ein Stück weit durchsetzen, dass die für die Zukunft der Standorte entscheidende Verlagerung von Produktionskapazitäten eingeschränkt wurde. An allen drei bayerischen Standorten bleiben Fertigungskompetenzen erhalten, Nürnberg und Bad Neustadt erhalten in bestimmten Bereichen Lead-Funktionen. Trotz dieses qualitativen Teilerfolgs betonte Wechsler allerdings, die IG Metall fordere von Siemens unverändert ein Moratorium für die Verlagerungen in billigere Länder.
Siemens ist nun gefordert, bei der Umsetzung des Kompromisses seine Verantwortung für die Beschäftigten und die Standorte wahrzunehmen. Die vereinbarten Standortkonzepte müssen umgesetzt, und insbesondere die Lead-Funktionen und Kompetenzen der Standorte klar definiert und durch Investitionen sowie zukünftige strategische Planungen gestärkt werden. Außerdem sind während des vierjährigen Prozesses alle eventuellen Möglichkeiten zu nutzen, um die Abbauzahlen weiter zu verringern.