Siemens Dialog
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13.05.2024, 06:05 Uhr

Lohnverzicht statt Kurzarbeit

  • 30.10.2009
  • Allgemein

Bei der Firma R. Stahl im Baden-Württembergischen Waldenburg haben sich laut Eigendarstellung "Vorstand und Belegschaft jüngst auf einen deutschlandweiten Gehaltsverzicht der Beschäftigten von fünf Prozent bei gleicher Arbeitszeit geeinigt". Mit im Boot saß offenbar der Betriebsrat, dessen Mehrheit - wen wundert's - der AUB angehört.

Das <link http: www.stahl.de start.html _blank external-link-new-window>undefinedUnternehmen, das 2008 rund 1.300 Mitarbeiter weltweit zählte, ist als Mitglied im Arbeitgeberverband Südwestmetall eigentlich tarifgebunden. Nicht nur nach Überzeugung der zuständigen IG Metall-<link http: www.schwaebisch-hall.igm.de news _blank external-link-new-window>undefinedVerwaltungsstelle Schwäbisch Hall hätte man daher auf die üblichen Instrumente zurückgreifen müssen, um derzeit krisenbedingt rückläufige Auftragseingänge abzufedern - also auf Kurzarbeit beziehungsweise den Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung.

Kostensenkung der unverbindlichen Art

Statt dessen suchte man offenbar eine Lösung, bei der die Kosten sinken, ohne dass die Arbeitnehmerseite davon irgend etwas hat - außer dem Nachsehen. Ein Betriebsrat kann zwar bekanntlich keinen Verzicht auf das Tarifeinkommen für die ganze Belegschaft vereinbaren - das wäre dem Tarifpartner, in diesem Fall also der IG Metall, vorbehalten. Was der Betriebsrat allerdings kann, wenn er sich dazu hergibt, ist, gemeinsam mit dem Arbeitgeber Druck auf die Beschäftigten auszuüben, damit diese "freiwillig" individuelle Vereinbarungen mit dem selben Inhalt unterschreiben.

AUB-Mehrheit im Betriebsrat ...

Bei R. Stahl gab die Interessenvertretung sich nach Schilderung der IG Metall-Minderheit für ein solches Vorgehen her. Hier kommt ins Spiel, was man im Umfeld des Siemens-Konzern in der Vergangenheit nur allzugut kannte und mancherorts leider immer noch kennt. Sieben der elf Betriebsräte und damit folglich auch ihr Vorsitzender gehören der AUB an.

... in konzertierter Aktion mit dem Arbeitgeber

Es folgte, was die Schwäbisch Haller IG Metall als "konzertierte Aktion des Vorstandes und der Betriebsratsmehrheit" bewertet: Die Beschäftigten wurde mit der Drohung eines Arbeitsplatzabbaus unter Druck gesetzt, einzelvertraglich auf fünf Prozent ihres Entgelts zu verzichten - ohne Gegenleistung. Als ein Großteil der Beschäftigten auf diese Weise zum Unterzeichnen gedrängt worden war, appellierte man bei den übrigen zusätzlich an die Solidarität mit der Mehrheit. Das Kalkül ging offenbar gut auf: R. Stahl verkündete in seinen <link http: www.stahl.de news meldung ad-hoc-r-stahl-gibt-eckdaten-fuer-die-ersten-neun-monate-2009-bekannt.html _blank external-link-new-window>undefinedInvestor Relations zum Ende des dritten Qurtals am 28. Oktober stolz diese "nächste Stufe der Kostensenkungsmaßnahmen".

"Keine Interessenvertretung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes"

Die IG Metall in Schwäbisch Hall stellt sich angesichts dieses Sachverhalts die Frage, mit welchem Ziel ein Unternehmen "wissentlich Tarifvertragsbruch betreibt". Fast noch gravierender allerdings ist aus Arbeitnehmersicht die Frage nach dem Selbstverständnis eines Betriebsrates, der bei derlei Manövern in der Grauzone einschlägiger Regelungen mitmacht. Die Antwort: "Ein Betriebsrat, der seine Aufgaben nicht kennt, der die Gesetze beugt, der die berechtigten Anliegen seiner Wählerinnen und Wähler nicht in den Mittelpunkt seiner Tätigkeit stellt, stellt keine Interessenvertretung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes dar."