Im Oktober bestätigte Siemens vorherige Gerüchte über Pläne zum Stellenabbau im Energie-Bereich. Begründet werden sie mit sinkender Nachfrage nach Turbinen. Den schwarzen Peter schiebt man der Energiewende zu - wie die Arbeitnehmerseite bei ersten Protesten bereits betonte, wird der Abbau allerdings nicht ganz so einfach.
Kritik und Protest
Rund 1.200 Arbeitsplätze sollen offenbar verschwinden, die Standorte Erfurt, Görlitz, Mülheim und Erlangen sind unterschiedlich betroffen. Betriebsräte, IG Metall und Belegschaften kritisieren, dass mit übereilten Reaktionen auf Marktveränderungen im Zusammenhang scheinbar das Kind das Kind mit dem Bade ausgeschüttet werden sollte - so bezeichnete es die IG Metall in NRW, wo Mülheim mit rund 300 Stellen massiv unter den Plänen leiden soll.
Gewollte Schwierigkeiten in Erfurt?
In Erfurt protestierten die Beschäftigten nach einer Mitarbeiterversammlung spontan vor dem Werktor. Der Betriebsratsvorsitzende Mario In der Au bezeichnete die Aktion als ersten Schritt und betonte die Bereitschaft, für die Perspektive zu kämpfen. Bernd Spitzbarth, erster Bevollmächtigter der zuständigen IG Metall warf Siemens vor, die Leistung der Belegschaft in den vergangenen Jahren zu ignorieren das Generatorenwerk mit überhöhten Margenvorgaben bewusst in Schwierigkeiten zu manövrieren. Dass die IG Metall von der Mitarbeiterversammlung des Arbeitgebers ausgeladen wurde, passt da zum Bild: "Siemens wendet sich vom sozialpartnerschaftlichen Dialog klar ab."
Görlitz: Rote Karte fürs Management
In Görlitz soll es von etwa 900 Arbeitsplätzen 190 treffen, also beinah jeden Vierten. Dabei sollen nicht "nur" Stellen abgebaut, sondern auch im Zuge der Verlagerung der für den Standort wichtigen Schaufelfertigung nach Budapest entfallen. Anfang November protestierten die Beschäftigten nachdrücklichen gegen das, was der Betriebsratsvorsitzenden Christian Heinke als herben Schlag für die strukturschwache Region bezeichnete: "Wir können das nicht einfach akzeptieren." Um das auch dem Management unübersehbar zu demonstrieren, zeigten die Beschäftigten dessen Vertretern bei einer Betriebsversammlung die rote Karte - symbolisch eine für jeden betroffenen Arbeitsplatz.
Wandel gemeinsam bewältigen
Annette Engelfried vom Siemens Team der IG Metall bestätigte in ihrer Ansprache den offenkundigen Wandel im Energieanlagenbau: "Der Schlüssel für einen erfolgreichen Umbau der Stromversorgung in all diesen Volkswirtschaften liegt in der Nachhaltigkeit. Damit diese unterschiedlichen Märkte bedient werden können, müssen eine ganze Reihe von Maßnahmen sorgfältig geplant und umgesetzt werden und ineinander greifen. Gerade eurer Knowhow hier am Standort wird auch in Zukunft ein wichtiger Baustein auf diesem Weg des Wandels sein." An Siemens gewandt äußerte sie die Erwartung, für Schwierigkeiten in diesem Prozess gemeinsam mit der Arbeitnehmerseite konstruktive Lösungen zu finden. Die Beschäftigen haben ihre Flexibilität schon oft bewiesen - jetzt kann es ihnen die Firmenseite gleich tun.
One Siemens. Aber mit allen!
Personalabbau ist in diesem Zusammenhang eindeutig der falsche Ansatz und birgt obendrein Risiken für die Zukunft, so Engelfried weiter: "Siemens will für Lösungen, Innovation und Technologieführerschaft stehen. Dann sollte das hohe technische Knowhow an den deutschen Standorten auch genutzt, erhalten und weiterentwickelt werden, um den Wandel, das heißt Entwicklungspfade für die einzelnen Standorte und übergreifend für den Energieanlagenbau bei Siemens - gemeinsam mit den Beschäftigten zu gestalten. Denn die Spitzentechnologie, von der wir hier sprechen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist euer Knowhow, euer Wissen, euer Können und eure Expertise."