Siemens Dialog
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03.05.2024, 02:05 Uhr

Signal an den Vorstand

  • 27.01.2009
  • Allgemein

Tausende Siemens-Aktionäre tagten am Dienstag in München. Die Zahlen des ersten Quartals sind angesichts der wirtschaftlichen Gesamtlage befriedigend, die Prognosen klingen zuversichtlich, wenn auch allmählich vorsichtiger. Kritik gibt es jedoch an den Vergütungen für Aufsichtsrat und Vorstand - und gut 300 Beschäftigte mahnten Siemens, seine soziale Verantwortung wahrzunehmen.

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Siemens in der Verantwortung

Sie kamen von Nokia Siemens Networks, Enterprise, Gigaset Communicatons, Electronics Assembly Systems und der Siemens AG selbst. Das Ziel: An Aktionäre, Öffentlichkeit und vor allem den Siemens-Vorstand ein unmissverständ-liches Signal zu senden, wie es der zweite Münchner IG Metall-Bevollmächtigte Michael Leppek in seiner Ansprache ausdrückte: "Wir lassen uns nicht zugunsten einer am Quartal ausgerichteten Jagd nach zweistelligen Renditen aus dem Unternehmen herausdrängen. Siemens muss zu seiner Verantwortung denen gegenüber stehen, die das Management in Sonntagsreden selbst als wertvollstes Kapital des Unternehmens bezeichnet - seinen Beschäftigten."

Trauma für ausgegliederte Siemens-Bereiche

Die Mehrheit der Demonstranten stammt aus früheren Communications-Bereichen, die nach der Ausgliederung in alle Winde zerstreut wurden. Vorne an steht Nokia Siemens Networks, wo statt der versprochenen blühenden Landschaften bereits der zweite Großabbau bringen soll, was das Management nicht auf unternehmerischem Wege hinbekommt, nämlich bessere Zahlen. Auch über Enterprise und Gigaset Communications, beide mehrheitlich an Investoren abgeschoben, schwebt wie über allen ausgegliederten Siemens-Geschäften das Trauma der ehemaligen Kolleginnen und Kollegen von Siemens Mobile - ein weiteres BenQ-Desaster muss mit allen Mitteln verhindert werden.

CEO Peter Löscher stimmt die Aktionäre unterdessen auf zunehmende Folgen
der Wirtschaftskrise ein. An den Zielen für 2009 - 8,0 bis 8,5 Milliarden Euro im operativen Geschäft der drei Sektoren - festzuhalten werde in einem schwierigen Marktumfeld "noch ambitionierter". Erneut betonte er allerdings, Siemens sei besser für eine weltweite Rezession gerüstet als die meisten Wettbewerber, und verwies auf den vorausgegangenen Konzernumbau einschließlich des dort festgelegten Abbaus von rund 17.000 Arbeitsplätzen.

Gespräche über Kurzarbeit

Die im Vorfeld der Versammlung kolportierten Gespräche über Kurzarbeit an drei Siemens-Standorten bestätigte Löscher mit dem Hinweis, man befinde sich in Gesprächen mit den Arbeitnehmervertretern. In diesem Zusammenhang werde man alle Mittel nutzen, die durch flexible Arbeitszeiten und -strukturen verfügbar sind. Chief Financial Officer Joe Kaeser wird seinerseits mit einem Satz zitiert, der aufhorchen lässt. Möglicherweise wird der mit dem Konzernumbau eingeführte Sparkurs sich noch einmal verschärfen, könnte man Kaeser deuten: "Für den Fall, dass weitere Maßnahmen nötig sind, werden wir die natürlich prüfen."

Am "Prüfen", das liegt auf der Hand, kann man das Management kaum hindern. Sollte es allerdings zu konkreten neuen Streichplänen kommen, daran ließ die Demonstration vor der Halle wie so viele in den vergangenen Monaten und Jahren keinen Zweifel, werden die Beschäftigten und ihre Vertreter nicht tatenlos zusehen.