Siemens Dialog
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05.05.2024, 18:05 Uhr

Appell vor der Hauptversammlung

  • 26.01.2009
  • Allgemein

Vor der Hauptversammlung der Siemens AG am 27. Januar sieht es nicht aus, als ob Vorstand und Aufsichtsrat mit viel Gegenwind zu rechnen haben. Die Beendigung des Korruptionsskandals stößt auf Anerkennung, und auch die wirtschaftliche Lage erzeugt kaum Kritik. Dennoch wird es zum ersten Mal seit Jahren wieder zu einer Demonstration heutiger und früherer Siemensianer kommen.

Vor allem - aber nicht nur - Beschäftigte des früheren Bereichs Communications werden vor der Hauptversammlung in der Münchner Olypima-Halle an Aktionäre und Management appellieren, in ihren Entscheidungen die Verantwortung der Siemens AG für die Kolleginnen und Kollegen der ehemaligen Kommunikationssparte zu übernehmen. In einem Flugblatt (siehe Download) weisen sie darauf hin, was mit ihnen passierte: "Wir wurden aus der Siemens AG befördert, weil wir dem maßlosen Streben des damaligen Vorstandschefs Klaus Kleinfeld nach einer zweistelligen Rendite im Weg standen."

Trotz seiner Vergangenheit als "Cash Cow" der Siemens AG wurde Siemens Communications bekanntlich auseinandergenommen, ausgegliedert und häppchenweise verkauft. Erstes Opfer dieses immer wieder kritisierten Vorgehens waren die Mitarbeiter von BenQ, so die früheren Com-Beschäftigten: "Opfer einer sinnlosen Unternehmensphilosophie, die den Profit über alles stellt."

Nun geht die Befürchtung um, dass weitere Opfer folgen werden. Bei Gigaset (früher SHC) und Enterprise Communications, beide an Investoren übergegangen, ist die Situation nicht eben rosig; im ehemaligen Festnetzbereich, jetzt Teil der schwedisch-finnischen Gesellschaft TietoEnator, stehen die Ampeln schon jetzt auf Gelb. Bei Nokia Siemens Networks redete man im Zuge der Ausgliederung von"blühenden Landschaften" un malte den Erfolg in schillernden Farben aus. Nach gut eineinhalb Jahren sieht es anders aus in dem Joint Venture, in dessen "Board of Directors" auch Siemens mitbestimmt. Auch an sie wendet sich der Protest vor der Hauptversammlung: "Es darf nicht sein, dass es ein zweites BenQ gibt. Gerade einmal fünf Monate, nachdem die erste Restrukturierung bei NSN mit einem Personalabbau von über 2.300 Mitarbeitern in Deutschland für beendet erklärt wurde, kündigte man am 11. November 2008 den nächsten Personalabbau an. Diesmal trifft es 'nur' München - über 1.000 Arbeitsplätze stehen zur Disposition, Siemens’ Traditionsstandort Hofmannstraße soll geschlossen werden."

Die Beschäftigten verlangen von der Siemens AG, dass sie die Verantwortung für ihre heutigen und ehemaligen Mitarbeiter übernimmt: "Es darf nicht sein, dass die Beschäftigten bei Siemens und seinen Töchtern weiter unter einer Unternehmensphilosophie leiden, die nur die Profitmaximierung kennt. Die Wirtschaft muss dem Menschen dienen und nicht umgekehrt."

Und auch für die Aktionäre, die am Dienstag zu Tausenden in die Versammlung strömen werden, bedeutet es langfristig nichts Gutes, wenn sich ein Unternehmen wie Siemens dieser Verantwortung entzieht: "Kurzfristige, überzogene Renditeerwartungen schädigen auf Dauer ein Unternehmen und schaden somit auch der Dividende, die Sie als Aktionäre vom Unternehmen zu Recht erwarten."