Siemens Dialog
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11.05.2024, 11:05 Uhr

Stärke oder Schwachpunkt der Betriebsratsarbeit

  • 02.03.2009
  • Allgemein

In etlichen Siemens-Betrieben haben sich ehemalige AUB-Betriebsräte nach der Affäre um illegale Beziehungen zwischen ihrer Organisation und Siemens wieder aufgerappelt. Unter neuer oder alter Flagge versuchen sie unverdrossen, sich als Alternative zu Gewerkschaftslisten zu positionieren. An einem dieser Standorte, Erlangen G, formuliert die Liste "mitEINANDER" eine Bewertung der Situation.

(Grafik: mitEINANDER)

Da sich ähnliche Probleme auch an anderern Standorten bei Siemens, Infineon und vereinzelten anderen Unternehmen stellen, veröffentlicht der Siemens Dialog im Sinne eines Diskussionsanstoßes nachfolgend den Text von der <link http: www.miteinander-erlg.de miteinander blog _blank external-link-new-window>Website der Liste mitEINANDER im Wortlaut:

Wir wollen keine Streitereien zwischen den Gruppierungen unseres Betriebsrates. Aber wir meinen, dass eine Differenzierung notwendig und überfällig ist. Wir wollen nicht in den Einheitstopf „die sind sowieso alle gleich (schlecht)“ geworfen werden. Und wir wollen zumindest denjenigen, die das interessiert, die Gelegenheit geben, unseren Standpunkt nachzuvollziehen:

Den Betreibern des „System AUB“ geht es unserer Meinung nach um die Schwächung der Arbeitnehmerseite durch die Spaltung der Betriebsräte.

Wenn der Siemens AG etwas mit Nachhaltigkeit gelungen ist, dann die Beschädigung der Kultur der Interessenvertretung. Die Akteure der verdeckten Förderung des AUB e.V., ohne die ein Wilhelm Schelsky und all die anderen Ideologen niemals in der Lage gewesen wären, ihr Unwesen zu treiben, dürfen am Ende des Tages nicht als Gewinner dastehen. Ihre gesellschaftspolitische Vision der Verdrängung kritischer Arbeitnehmer durch bezahlte Interessenvertreter unter dem Deckmantel der Unabhängigkeit (George Orwell hätte seine Freude an dieser Sprachverwirrung gehabt), darf nicht über den Willen des Gesetzgebers siegen.

PiB statt AUB?

Auch wenn eine Umbenennung von AUB e.V. in „Partner im Betrieb e.V.“ rechtlich legitim ist, auch wenn die Betriebsräte gewählt sind und ihr Mandat weiter gesetzlich legitimiert ausüben können, ist dieses Verhalten moralisch nicht in Ordnung. Schließlich sind sie unter anderen Voraussetzungen gewählt worden. Es reicht bei weitem nicht aus, zu behaupten man hätte sich „klar positioniert“, man distanziert sich vom Verhalten des Herrn Schelsky und zeigt sich jetzt „betroffen“ und „unwissend“. Der einzige redliche Weg aus diesen Vorfällen wäre gewesen, das Betriebsratsmandat zurück zu geben und den Weg für Neuwahlen frei zu machen. Dann hätten die Beschäftigten das letzte Wort gehabt, ob sie diese Form der Interessenvertretung weiter dulden und ihren Protagonisten weiterhin Glauben schenken wollen. Dies aber unterblieb, vermutlich aus Angst davor, das eigene Mandat zu verlieren.

Die Botschaften an die Beschäftigten der Siemens AG haben sich wenig geändert: Statt sich um eigene Erfolge bei der Vertretung von Beschäftigteninteressen zu bemühen, werden weiter die eigenen Betriebsratskollegen der anderen Gruppierungen schlecht gemacht, um nicht zu sagen verleumdet. Oder ist Ihnen jemals irgendein Beispiel dafür genannt worden, dass Erlanger Betriebsratskollegen durch Anweisungen aus der „Frankfurter IG Metall-Zentrale“ ferngesteuert wurden oder ihre Entscheidungen erst mit „Funktionären“ der IG Metall abstimmen mussten?

Natürlich arbeiten wir - wie es übrigens im Betriebsverfassungsgesetz § 2 für alle Betriebsräte vorgeschrieben ist – vertrauensvoll mit den im Betrieb vertretenden Gewerkschaften … zum Wohle der Arbeitnehmer und des Betriebes zusammen“. Aber das heißt ja nicht, dass wir unsere Meinungen dort genehmigen lassen.

Wir entscheiden so, wie das die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Standortes von uns erwarten.

Das ist scheinbar ein kleiner, in der Praxis aber entscheidender Unterschied zu dem von AUB und PiB propagierten Vorgehen: Die entscheiden „betriebsbezogen und unabhängig“. Das heißt, dort steht an  erster Stelle der Betrieb, an zweiter Stelle die Unabhängigkeit von den Gewerkschaften und frühestens an dritter Stelle die Mitarbeiter dieses Standortes.

Lassen Sie sich kein X für ein U vormachen.

Arbeiten Sie mit daran, der Siemens AG wieder zu einem guten Ruf und Ansehen zu verhelfen. Die Verurteilung der Gallionsfigur Schelsky hat – Gott sei Dank - aufgerüttelt. Die Menschen, die dieses System teilweise über Jahrzehnte unterstützt haben, sind aber zum Teil auch heute noch mit den ähnlichen Denkmustern unterwegs. Bereiten Sie diesem Treiben ein Ende: weder die IG Metall noch deren Betriebsräte allein können das richten.

Der wirkliche Souverän sind Sie

Durch ihre Stimme gegen einseitige „Unabhängigkeit“ und für eine Betriebsratsarbeit, die sich in erster Linie an den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern orientiert.

In Zeiten globaler Herausforderungen ist es im Interesse von Mitarbeitern und objektiv betrachtet sogar im Interesse des jeweiligen Betriebes gelegentlich notwendig über den eigenen Zaun zu schauen. Wer das gleich zur Fernsteuerung hochstilisiert, schwächt die Position der Interessenvertretung und hilft selbst dem eigenen Betrieb nicht.

Orientieren Sie sich an den Erfolgen der Betriebsratsarbeit und nicht an den Schauergeschichten die andere darüber erzählen.