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28.04.2024, 06:04 Uhr

AUB-Urteil: Sieg für Demokratie und offene Unternehmenskultur

  • 25.11.2008
  • Allgemein

Der Erste IG Metall-Vorsitzende Berthold Huber hat das am Montag verkündete Urteil im AUB-Prozess begrüßt. Die Verurteilten haben ihrerseits Berufung dagegen eingelegt, wobei ihre Erfolgsaussichten wohl kaum überragend sein dürften.

"Betriebswirtschaftlich organisierte Lüge, Bestechung und Verleumdung waren Instrumente eines Systems, das dazu beitragen sollte, die Arbeitnehmerinteressen klein zu halten", sagte Huber am Montag in Frankfurt. Die IG Metall sollte an der Ausübung eines freien gewerkschaftlichen Mandats gehindert werden, nichts anderes habe hinter dem Sponsoring der AUB durch Siemens gestanden. "Die Demokratie und die Mitbestimmung, aber auch eine moderne und offene Unternehmenskultur sind Sieger in diesem Urteil", betonte Huber daher.

"Unrecht bleibt Unrecht"

Siemens' Vorstandsvorsitzender Peter Löscher betonte in einem Schreiben an die Mitarbeiter nach dem Urteil es sei eine Tatsache, dass nicht Richter, nicht Medien und nicht Außenstehende den Anlass für das Verfahren und die Urteile des Landgerichts Nürnberg geliefert hätten, sondern Handelnde aus dem Unternehmen. Sein Fazit: "Unrecht bleibt Unrecht und ist inakzeptabel und unentschuldbar."

"AUB-Geschäftsstelle eine Siemens-Abteilung"

Der vorsitzende Nürnberger Richter Richard Caspar hatte bei der Urteilsverkündung erklärt, die AUB sei "praktisch eine Marionettenorganisation der Konzernspitze" gewesen: "Wir haben den Eindruck gewonnen, dass die AUB-Geschäftsstelle eine Abteilung der Firma Siemens war." Zum vergleichsweise glimpflichen Urteil gegen Johannes Feldmayer habe beigetragen, dass er das System nicht erfunden, sondern 'nur' weitergeführt habe; die Zahlungen waren bereits seit Beginn der 1990er Jahre geflossen, und: "Wir müssen aufgrund der Vorgeschichte davon ausgehen, dass er [Feldmayer] gedrängt wurde."

"Massive indirekte Beeinflussung von Betriebsratswahlen"

Erwähnung fand in der Urteilsverkündung auch der Verstoß gegen das Betriebsverfassungsgesetz, wenngleich dies zugunsten der strafrechtlich gewichtigeren anderen Tatsbestände in den Hintergrund trat. Caspar erklärte in diesem Zusammenhang, die verdeckten Zahlungen seien "eine massive indirekte Beeinflussung von Betriebsratswahlen" gewesen.

Dass man in der Chefetage jahrelang nichts von den Vorgängen gewusst haben will, scheint dem Richter offenbar wenig glaubwürdig: "Es ist erschreckend, wie manche Zeugen sich hier gewunden haben", sagte er mit Blick auf frühere Topp-Manager von Siemens, und: "Das selbstherrliche und jegliche Wertmaßstäbe vermissen lassende Gebaren Einzelner in den Führungsetagen führt zum vielbeklagten Werteverlust in unserer Gesellschaft."