Siemens Dialog
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17.05.2024, 10:05 Uhr

Chancen und Risiken des Konzernumbaus

  • 26.02.2009
  • Allgemein

Rund 30 Siemens-Betriebsräte aus Mittelfranken nahmen am 17. und 18. Februar an einem Seminar zu den Chancen und Risiken des Konzernumbaus für die betriebliche Interessenvertretung teil. Die Themen: der Stand des 2008 eingeleiteten Umbaus, die jetzige Beschäftigungssituation und die Wirtschaftskrise vor dem Hintergrund der strategischen Ausrichtung des Konzerns.

Hauptreferent war Prof. Dr. Heinz Bierbaum (Foto), Leiter des <link http: www.info-institut.de index.html _blank external-link-new-window>Info-Instituts Saarbrücken, außerdem nahmen die Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Lothar Adler und Birgit Steinborn sowie Andrea Fehrmann vom Siemens Team der IG Metall teil.

Ganz oben auf der Themenliste stand die Bilanz der Umstrukturierung im Siemens-Konzern. Das SG&A-Programm als wesentliche Säule des Umbaus ist in den Standorten fast durchgängig abgeschlossen. Die Beschäftigtenzahlen in Vertrieb und Verwaltung gehen erwartungsgemäß bundesweit deutlich zurück; in der Produktion hingegen ist insgesamt ein Aufbau zu verzeichnen.

Unterschiedliche Krisenfolgen

Die Auswirkungen der wirtschaftlichen Situation, in den vergangenen Wochen zum aktuellen Brennpunkt geworden, stellen sich in den Betrieben der TeilnehmerInnen sehr unterschiedlich dar. Sie reichen von einzelnen, noch gut gefüllten Bestandszentren bis zu emfindlichen Auftragsrückgängen und einer sich abzeichnenden Verschärfung an etlichen Standorten. In einigen Bereichen werden bereits jetzt betriebliche Instrumente zur Beschäftigungssicherung eingesetzt, in weiteren werden Arbeitszeitreduzierung oder Kurzarbeit derzeit diskutiert oder sind geplant.

Einig sind sich in diesem Zusammenhang die meisten betrieblichen VertreterInnen in einem entscheidenden Punkt: Die Wirtschafskrise wird auch an ihrem Standort nicht spurlos vorbeiziehen, wenngleich es Unterschiede in der Intensität und der zeitlichen Abfolge gibt. Das Fazit lautet also, zumindest was die Betriebe in Mittelfranken betrifft: Bei Siemens sieht es derzeit noch relativ stabil aus - wie es jedoch in Zukunft weitergeht, lässt sich angesichts etlicher Unbekannter schwer abschätzen.

Risikofaktor Zielmargen

Als ernstes potenzielles Problem bewerten die TeilnehmerInnen die Frage der Zielmargen. Siemens' hochgesteckte Ziele stammen aus einer Phase, in der die weltweite Wirtschaftssituation sich völlig anders darstellte und die tatsächliche Entwicklung nicht absehbar war. Seither haben sich diese Rahmenbedingungen bekanntlich drastisch verschoben, während die Zielmargen unverdrossen weiter aufrecht erhalten werden.

Aus Arbeitnehmersicht birgt dieser Umstand erhebliche Risiken; eine Anpassung an das grundlegend veränderte ökonomische Umfeld scheint umso mehr ein Gebot der Vernunft, als selbst vorher nur wenige Einheiten die äußerst ehrgeizigen Ziele erreichen konnten. Im selben Zusammenhang ist eine Überprüfung und gegebenenfalls die Anpassung der strategischen Ausrichtung an die zugespitzte wirtschaftliche Situation geboten.

Grundlegende Absicherung

Da ungewiss ist, ob beziehungsweise in welchem Umfang eine solche Anpassung vorgenommen wird, tritt erneut die Bedeutung des Eckpunktepapiers in den Vordergrund. Die im Sommer 2008 geschlossene Vereinbarung zwischen Siemens, IG Metall und Gesamtbetriebsrat schließt betriebsbedingte Kündigungen und Standortschließungen bis Herbst 2010 aus. Das Fazit Fehrmanns in dieser Hinsicht: "Egal, was an Begehrlichkeiten zukünftig vom Arbeitgeber kommt - es geht nur, wenn IG Metall und Gesamtbetriebsrat  ihre Zustimmung in Form einer Vereinbarung geben."

Vergleichsweise stabile Ausgangslage

Auf breite Zustimmung trifft unverkennbar auch die innerhalb kürzester Zeit verhandelte und unterzeichnete Gesamtbetriebsvereinbarung zu beschäftigungssichernden Maßnahmen, die unter anderem im Falle von Kurzarbeit eine Aufzahlung auf 85 Prozent des Vollzeitnettos vorsieht (siehe  Gesamtbetriebsvereinbarung zu beschäftigungssichernden Maßnahmen).

Unter dem Strich beurteilen die TeilnehmerInnen des Seminars ihre Situation als Interessenvertretung positiv. Sie sind in hohem Maße handlungsfähig und stehen, zumindest im Vergleich zu vielen anderen Unternehmen, in einer guten Ausgangslage.

Das Seminar wird am 26. Mai fortgesetzt. Angesichts der zur Zeit oft ungewöhnlich schnellen Entwicklungen darf man gespannt sein, wie sich die Situation dann darstellt.