In Leipzig fand vergangene Woche eine betriebspolitische Konferenz der Hans Böckler-Stiftung in Kooperation mit der IG Metall statt. Auf der Tagesordnung standen die Themen, die sich wie ein roter Faden durch den "Welttag für menschenwürdige Arbeit" und die Herbstaktivitäten von IG Metall und DGB ziehen: "Für gute Arbeit - sicher und fair."
Berthold Huber, erster Vorsitzender der IG Metall, stellte in seiner Rede zur Konferenz die Krise und ihre Folgen dar und forderte nachdrücklich, trotz der der aktuellen Erholungszeichen auf keinen Fall in ein "Weiter so" zurückzufallen: "Aus diesen Erfahrungen müssen und werden wir Konsequenzen ziehen. Wir brauchen einen Kurswechsel in Wirtschaft und Gesellschaft!"
Grundlegende Systemfehler ...
Die Gefahr, dass Politik und Wirtschaft zum Tagesgeschäft übergehen, als habe die Krise keine grundlegenden Systemfehler bloßgestellt, besteht durchaus - mitsamt aller damit verbundenen Risiken. Nicht nur ist die Krise keineswegs rundherum beendet, auch für die Zukunft können nur wesentliche Weichenstellungen eine Wiederholung verhindern: "Eine weitere Krise dieser Art können wir uns nicht leisten. Wir brauchen einen Kurswechsel auf allen Ebenen."
... nehmen wieder Fahrt auf
Dieser Kurswechsel muss offenbar gegen einigen Widerstand durchgesetzt werden, stellte Huber fest: "Wir hätten uns gewünscht, die andere Seite würde nach einer solchen Krise mehr Einsicht zeigen, aber offenkundig ist das in vielen Teilen nicht der Fall." Kostensenkungs- und Restrukturierungsprogramme, Leistungsverdichtung und prekäre Beschäftigung als Instrument zur Kostenreduktion - die alten Fehler nehmen mit der Konjunktur wieder Fahrt auf.
Gesetzentwurf zur Leiharbeit: Es fehlt eigentlich alles
Harsche Kritik gab es erneut für den Gesetzentwurf zur Verhinderung von Missbrauch bei der Arbeitnehmerüberlassung des Arbeitsministeriums. Huber fasste knapp zusammen, was man auf Arbeitnehmerseite von diesem Entwurf hält: "Eine Zumutung." Keine 'Equal Pay'-Regeln, kein Synchronisationsverbot, keine Ausleihbefristung, kein verbindlicher tariflicher Mindestlohns - "es fehlt eigentlich alles".
Neue Arbeitskultur
Und auch sonst brennen etliche Themen den Betriebsräten und Gewerkschaften auf den Nägeln. Eines davon ist eine neue Arbeitskultur: "Wir wollen eine Arbeit, in der man sich auch entwickeln kann; die fordert, aber nicht unnötig oder übermäßig belastet." Fairer Umgang im betrieblichen Alltag lässt Beschäftigte nicht als passive Objekte von Unternehmensentscheidungen auf der Strecke, sondern bietet Raum für Mitbestimmung und Gestaltung: "Unser Ziel sind sichere und gute, tariflich geregelte Arbeitsplätze, die es den Menschen erlauben, ihr Leben vernünftig zu planen!"
Gesellschaftliche Richtungsänderung
Der dringend erforderliche Kurswechsel beschränkt sich vor dem Hintergrund all dieser Themen nicht etwa auf die Regulierung der Finanzmärkte. Das Ziel ist deutlich weiter gesteckt: eine demokratische, im sozialen und ökologischen Sinne nachhaltige Gesellschaft. Um eine solche Richtungsänderung durchzusetzen, ist es mit Appellen und Diskussionen nicht getan; betriebliche Durchsetzungskraft, handfeste Mitbestimmungsrechte, Einfluss auf wirtschaftliche und politische Entscheidungen - die Zahl der Ansätze ist hoch.
Größere Kreise erreichen
Abschließend ging Huber auf die <link http: www.igmetall.de cps rde xchg internet style.xsl kurswechsel-fuer-ein-gutes-leben-herbst-2010-5468.htm _blank external-link-new-window Übersicht>Herbstaktivitäten ein, die in den Betrieben und Regionen derzeit beginnen oder schon begonnen haben. Um einen breit angelegten Kurswechsel zu initiieren, reicht es nicht, sich bei diesen Aktivitäten auf das gewohnte Umfeld zu beschränken: "Wir müssen größere Kreise erreichen, in die Breite der Gesellschaft kommen, neue Mitstreiter und vor allem neue Mitglieder gewinnen. Das ist unser Ziel."