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29.04.2024, 00:04 Uhr

Mehr Gewicht auf die Binnenwirtschaft

  • 01.09.2010
  • Allgemein

Deutschlands einseitige Exportorientierung hilft zwar derzeit, zeitnah von der Konjunkturerholung zu profitieren und die Wirtschaft zu stabilisieren. Mittel- und langfristig schadet sie jedoch ganz Europa, warnt eine aktuelle Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), und empfiehlt einen Richtungswechsel hin zu stärkerer Binnenwirtschaft.

Inländische Nachfrage ausgewählter EU-Länder seit der<br>Euro-Einführung.

Aufgrund ihrer preislichen Wettbewerbsfähigkeit profitiert die deutsche Wirtschaft wie kaum ein anderes Land von der Erholung und scheint trotz der Krisenfolgen gut dazustehen. Eine erneute Fokussierung auf den Export als Wachstumstreiber würde sich für Deutschland allerdings auf Dauer gesamtwirtschaftlich nicht auszahlen und negative Folgen für den Euroraum haben, warnt das <link http: www.boeckler.de _blank external-link-new-window imk>undefinedIMK.

Modell mit Schwächen

Wie die Experten erklären, war dieses Modell schon in der Vergangenheit gesamtwirtschaftlich betrachtet nicht erfolgreich, da Deutschland seit Einführung des Euro trotz seiner Exportüberschüsse im EU-Vergleich unterdurchschnittlich wuchs. Würde man hingegen die Binnenwirtschaft stärken, könnte sie mit den höchsten Handelsüberschüssen im Euroraum den Ländern mit Wachstumsschwierigkeiten einen Exportmarkt bieten und gleichzeitig das eigene Wachstum und die Beschäftigung fördern.

Lohnsteigerungen für die Binnennachfrage

Vor diesem Hintergrund halten die Wissenschaftler Lohnsteigerungen für wünschenswert, um den Verteilungsspielraum auszuschöpfen und den privaten Konsum zu stärken. Parallel würde die Einführung eines Mindestlohns das Ausfransen der Löhne nach unten begrenzen und helfen, die ungleiche Einkommensverteilung zu verringern. Das würde zu höheren Einkommen von Haushalten mit hoher Konsumneigung und damit zu einer Stärkung der Binnennachfrage führen. Unter dem Strich würde so das Wachstum höher ausfallen als bei einer Fortsetzung der Exportorientierung.

Krisenprogramm wirkt nur vorübergehend

Während der Krise hat die deutsche Wirtschaftspolitik zwar die Beschäftigung und damit auch Konsum und Importe stabilisiert, wobei staatliche Konjunkturprogramme gleichzeitig einen großen Teil der ausfallenden privaten Nachfrage kompensierten. Im Verbund mit tarifvertraglichen Regelungen und der Kurzarbeit konnten so Entlassungen vermieden werden, weshalb wiederum andere Länder weiter nach Deutschland exportieren und sich auf diese Weise stabilisieren konnten. Das IMK stuft diesen Effekt jedoch als befristet ein: "Allerdings ist diese Entwicklung mit hoher Wahrscheinlichkeit nur vorübergehend und auf Sonderentwicklungen im Kampf gegen die Rezession zurückzuführen." Eine stärkere Binnenorientierung würde das deutsche Wachstum im Gegensatz dazu auch auf lange Sicht verbessern.


Die vollständigen Ergebnisse der IMK-Studie können Sie <link http: www.boeckler.de pdf p_imk_report_53_2010.pdf _blank external-link-new-window hbs>undefinedals PDF auf den Seiten der Hans Böckler-Stiftung herunterladen.