Siemens Dialog
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05.05.2024, 00:05 Uhr

"Voll eine in die Schnauze"

  • 18.03.2008
  • Allgemein

Peter Löschers Vorgehen, die Probleme ungeschönt bekannt zu geben, stößt in der Öffentlichkeit auf Zustimmung. Hätte er zuvor die Arbeitnehmerseite informiert, hätte er sich einige Kritik auch von dieser Seite erspart: Siemens' Gesamtbetriebsrats- und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzende Ralf Heckmann macht keinen Hehl aus seiner Verärgerung über das Versäumnis.

Die bislang von stets betonter Offenheit geprägte Kommunikation zwischen dem neuen Siemens-Vorstand und den Arbeitnehmervertretern ist damit erstmals einer Belastungsprobe ausgesetzt. Gegenüber der <link http: www.sueddeutsche.de wirtschaft artikel _blank external-link-new-window>undefinedSüddeutschen Zeitung schimpfte Heckmann, viele Betriebsräte seien "fürchterlich wütend", weil Peter Löscher sie einfach überrascht habe: "Wir haben voll eine in die Schnauze gekriegt."

Personalvorstand Siegfried Russwurm wollte den Wirtschaftsausschuss offenbar erst am Dienstag - also nach der Öffentlichkeit - im Detail unterrichten. Löscher hatte in der Vergangenheit wiederholt seine Absicht bekräftigt, mit der Arbeitnehmerseite eine "offene, ehrliche und direkte" Kommunikation pflegen zu wollen; mit ihm werde es nicht passieren, dass dass sie erst über die Medien von wesentlichen Veränderungen erführen (siehe "Gemeinsam verantwortlich für das Wohl der Siemensianer").

Unruhe und Sorge unter den Beschäftigten

Heckmann sieht durch die Gewinnwarnung Unruhe und Sorge in der Belegschaft, dass eventuell nun Arbeitsplätze gefährdet seien und wieder einmal Beschäftigte Managementfehler ausbaden müssten; diese Sorge war auch in der gemeinsamen Erklärung Heckmanns und des Ersten IG Metall-Vorsitzenden Berthold Huber ausgedrückt worden.

Keine Gefahr "für die Masse der Belegschaft"?

Die "SZ" zitiert ein ungenanntes anderes Aufsichtsratsmitglied mit der Erwartung, Siemens werde trotz der Probleme nicht in großem Stil über bereits angekündigte Maßnahmen hinaus Arbeitsplätze abbauen: "Für die Masse der Belegschaft sehe ich keine Gefahr." Löscher habe im Kontrollgremium Rückendeckung für seinen Kurs, alle Risiken offenzulegen und reinen Tisch zu machen.

Weiteren Informationen aus dem Aufsichtsratsumfeld zufolge ist auch Klaus Kleinfeld nicht unschuldig an der jetzt erfolgten Korrektur der Ergebnisprognosen. Er habe sich bei seinem Abschied im vergangenen Frühjahr offenbar mit einem besondes guten Ergebnis verabschieden wollen und deshalb die Zahlen im Rahmen des Machbaren in die Höhe getrieben: "Man kann Risiken unterschiedlich einschätzen, Kleinfeld hat mehr die Chancen als die Risiken gesehen."