Die Betriebsräteversammlung 2007 war von einer positiven, wenn auch keineswegs unkritischen Atmosphäre geprägt. Peter Löscher punktete, indem er für eine Stippvisite dazu stieß - das Gegenteil seines Vorgängers, der sich 2006 kurzfristig entschuldigt hatte. So gab es gleich zwei prominente Redner: Vor dem Besuch Löschers berichtete für die IG Metall ihr eben gewählter Erster Vorsitzender.
Zuvor aber blickten Gesamtbetriebsrat und Betriebsräte in Nürnberg auf das ablaufende Jahr zurück. Wie immer stand neben zahlreichen, zum Teil spektakulären Alltagsproblemen - Missstände bei der Administration weltweit entsandter Monteure, Stolpersteine in der Vereinbarung von Familie und Beruf und bürokratische Kapriolen bei der Berechnung von Mitarbeiterbeteiligungen - ein Thema im Mittelpunkt des Interesses.
Konzernumbau im Mittelpunkt
In diesem Jahr konnte dies eigentlich nur der angekündigte Konzernumbau sein. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Ralf Heckmann mahnte nach seinem Jahresrückblick in der Eröffnungsrede, die Restrukturierung dürfe nicht in einer erneuten Portfoliobereinigung münden, die auch profitabel arbeitende Geschäftsfelder erfassen könne: "An dieser Stelle brauchen wir wirklich keinen Kulturwandel."
Abschied vom Arbeitsdirektor
Für Arbeitsdirektor Jürgen Radomski war es die letzte in einer Reihe von Betriebsräteversammlungen, bei denen es zwischen ihm und den Arbeitnehmervertretern nicht selten hörbar geknirscht hatte. Umso versöhnlicher war die Stimmung dieses Mal: Bei aller Schärfe in mancher Auseinandersetzung wusste man doch stets, dass beide Seiten sich letztlich fair und aufrichtig für das einsetzten, was aus ihrer Sicht das beste für Siemens und seine Beschäftigten war.
Radomski bewies in diesem Sinne, dass er Missstände ohne Umschweife angeht: Erneut kümmerte sich seine Arbeitsgruppe noch vor Ort um die Regelung der vorgetragenen Probleme. Beim umfangreicheren Thema der auch nach seiner Meinung zuweilen "unerträglichen" Behandlung ins Ausland entsandter Monteure entsprach er ohne Zögern dem Vorschlag des GBR-Ausschusses für Beschäftigungsbedingungen, eine gemeinsame Arbeitsgruppe einzusetzen; diese soll die betroffenen Prozesse ein für alle Male vernünftig regeln.
Integrierter Technologiekonzern gefordert...
Auch Berthold Huber blickte kurz auf die vergangenen Monate zurück. Die Betriebsräte bezeichnete er als "wichtigen, wenn nicht sogar wichtigsten stabilisierenden Faktor" in den bekannten Turbulenzen, durch die Siemens steuern musste; zur AUB-Affäre erläuterte er nochmals den Standpunkt der IG Metall, bevor er ironisch erklärte, Siemens habe für seine an die "Unabhängigen" geflossenen Millionen "einen verdammt schlechten ROC" [return on capital] erhalten - dank der Arbeit der Betriebsräte vor Ort. Mit Blick auf die bevorstehende Umstrukturierung betonte er den festen Willen der Arbeitnehmerseite, Siemens als von Innovationen geprägten, integrierten Technologiekonzern zu erhalten.
Entschuldigung für AUB-Affäre
Auch der in der Zwischenzeit eingetroffene CEO Peter Löscher entschuldigte sich in seinem "Willkommensgruß als erster externer Vorstandsvorsitzender der Siemens AG": "Alles, was ich über dieses Thema weiß, hat bei mir persönlich den Eindruck erweckt, dass hier ein merkwürdiges und fehlgeleitetes Verhalten Platz gegriffen hat. Soweit dieses Verhalten aus der Mitte unseres Unternehmens genährt worden ist, möchte ich mich dafür ausdrücklich entschuldigen - bei den Betriebsräten, bei der Belegschaft und bei der IG Metall."
Löscher äußerte seine Überzeugung, "dass wir alle gemeinsam für das Wohl der Siemensianer verantwortlich sind." Mit der Arbeitnehmerseite wolle er eine offene, ehrliche und direkte Kommunikation; dass sie erst über die Medien von wesentlichen Veränderungen erführen, werde es mit ihm nicht geben. Die Neuausrichtung schilderte er als logische Konsequenz der Tatsache, dass wirtschaftlicher Erfolg eine Grundvoraussetzung für sichere Arbeitsplätze in einem gesunden Unternehmen sei.
... integrierter Technologiekonzern zugesichert
Dabei werde man die Komplexität vermindern und die Strukturen straffen, aber: "Siemens war, ist und bleibt ein integrierter Technologiekonzern." Bei den Betriebsräten stieß dieses Bekenntnis wie die meisten seiner Erklärungen, das machte der Applaus unüberhörbar, auf Zustimmung; Peter Löscher wird sich in der Zukunft daran messen lassen müssen, ob und wie er sich an sie hält.