Siemens Dialog
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29.04.2024, 05:04 Uhr

"Zurücklehnen können wir uns nicht"

  • 01.10.2010
  • Allgemein

Die Standort- und Beschäftigungssicherung wird - zu Recht - als Modell für andere Unternehmen und solider Erfolg für die Arbeitnehmerseite bei Siemens gewürdigt. Der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats, Lothar Adler, äußert sich im Interview dazu und erklärt, warum dennoch nicht ab sofort nur noch allenthalben eitel Sonnenschein herrscht.

Lothar Adler.

Werden Siemensianer mit dem Abkommen verbeamtet, wie die Medien berichten?

Lothar Adler: Nein. Auch weiterhin wird es Ver- und Zukäufe geben, die Folgen werden Restrukturierungen sein. Siemens gehört zwar zur sogenannten Deutschland AG, aber wie ist das Unternehmen mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umgegangen? Jedenfalls wohl kaum so wie Deutschland mit seinen Beamten hinsichtlich einer Arbeitsplatzgarantie. Es wurde massiv abgebaut. Mit dem Beschäftigungsabkommen konnten Stammbelegschaften, Qualifikation und Fertigungsfähigkeit in der Krise gehalten werden. So konnte Siemens gestärkt aus der Krise gehen, das haben die Arbeitgeber inzwischen auch anerkannt. Die Verlängerung ist daher vernünftig und zukunftsweisend.

Also keine Friedenspflicht und lediglich ein Zugeständnis der Firmenseite?

Adler: Nein. Das ist kein Zugeständnis der Firmenseite an die Betriebsräte, sondern überfällig angesichts der Leistungen der Kolleginnen und Kollegen. Die spiegeln sich in den Geschäftszahlen wieder. Das Unternehmen muss lernen, auch angesichts des Fachkräftemangels, dass Menschen keine Manövriermasse sind und Arbeitnehmer ein Mindestmaß an Sicherheit brauchen. Mit der Verlängerung der Beschäftigungssicherung können wir Fachkräfte halten und das Unternehmen für den Nachwuchs attraktiver machen.

Auch kein Zugeständnis angesichts der SIS?

Adler: Hier muss klargestellt werden, nicht wir haben die SIS ausgegliedert, es war die Firmenseite und leider sind unsere Mitbestimmungsrechte nicht grenzenlos. Wir haben gemeinsam mit der Projektgruppe alles versucht, um die Entwicklung und den Schlingerkurs zu stoppen. Schließlich konnten wir erreichen, dass für die neue SIS GmbH eigenständige tarifliche Regelungen bestehen, die einen dreijährigen Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen enthalten, das ist nicht eben wenig. Aber das waren nicht die letzten harten und schwierigen Verhandlungen. Da sind noch so einige Themen auf unserer aktuellen Liste.

Was steht auf der Liste?

Adler: Es geht jetzt darum, das Abkommen umzusetzen, da sind wir alle gefordert. Wir müssen uns weiterhin einmischen. Die Frage der Innovationen, die strategische Personalplanung, die Vereinbarung zur Leiharbeit, um nur einige Themen zu nennen, das bedeutet viel Arbeit. Zurücklehnen können wir uns nicht, unsere neue Arbeitsdirektorin, Frau Ederer, und auch unser Vorstandsvorsitzender Peter Löscher werden das auch nicht können.