Siemens Dialog
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02.05.2024, 01:05 Uhr

Äpfel und Informationen

  • 22.10.2009
  • Operativ

In der Niederlassung München verteilt der Betriebsrat alljährlich zur Kirchweih außer Äpfeln auch Informationen an die Beschäftigten. Am Mittwoch nahm die Aktion größere Ausmaße an als in den meisten der vergangenen Jahre: Rund 120 EDM-Beschäftigte informierten sich und machten gleichzeitig ihre Haltung zu den Schließungs- und Ausgliederungsplänen für ihren Betrieb deutlich sichtbar.

EDM: "Enttäuschte, Deprimierte Mitarbeiter"<br>(zum Vergrößern anklicken)

Äpfel aus dem Korb, Informationen aus dem Flugblatt

Gegen zehn Uhr trafen rund zwei Drittel der zur Niederlassung gehörenden EDM-Belegschaft von ihrem Standort in der Tübinger Straße beim Betriebsrat ein. Dessen Vorsitzender Günter Prietz "spazierte" mit ihnen in die Konferenzzone der Niederlassung, wo eine aktuelle Information der Beschäftigten durch den Betriebsrat und den IG Metall-Betriebsbetreuer Martin Kimmich stattfand.

Gespannte Stimmung

Die Stimmung der Beschäftigten war angesichts der Pläne, EDM insgesamt auszugliedern und zu verkaufen sowie ihren Fertigungsstandort komplett zu schließen, verständlicherweise nicht eben fröhlich. Zusätzlich befremdlich fanden sie, dass sie die gesamte Zeit über von Kollegen des Betriebsschutzes begleitet wurden. Schon bei ihrer Ankunft gab es, wenn auch zaghafte, Versuche, sie schnellstmöglich in die Konferenzzone umzuleiten und somit für die anderen Beschäftigten der Niederlassung "unsichtbar" zu machen. Ein Teilnehmer: "Man fühlt sich schon wie ein Schwerverbrecher. Ich wusste gar nicht, dass ich mich offenbar nicht frei auf dem Standort bewegen darf." Passend dazu versuchte obendrein der Standortleiter, den IG Metall-Vertreter mit dem Hinweis zur Zurückhaltung zu bewegen, er sei "hier nur Gast".

"Rutschbahn in die Arbeitslosigkeit"

Weniger entschlossen zur Präsenz war die Standortleitung trotz einer Aufforderung des Betriebsrates, als die EDM-Kollegen in der Sprechstunde ihrem Ärger Luft machten - sie glänzte durch Abwesenheit. Der Betriebsrat unterstrich seine Ablehnung der Pläne für EDM; Kimmich bestätigte, dass auch die IG Metall nicht akzeptieren wird, "dass die Siemens AG den EDM-Beschäftigten mit diesen schäbigen Aufhebungsverträgen eine Rutschbahn in die Arbeitslosigkeit organisiert. Wir werden gemeinsam mit den Beschäftigten für den Erhalt aller Arbeitsplätze bei der EDM einschließlich München kämpfen."

Im Mittelpunkt des Interesses in München stehen aktuell Hinweise, die Betriebsflächen in der Tübinger Straße hätten, entgegen der Auskunft des Unternehmens, möglicherweise gar nicht gekündigt werden müssen. Derzeit gäbe es außerdem Ausweichflächen in Poing - beides wirft den Verdacht auf, Siemens könnte bewusst passiv geblieben sein, um eine Weiterführung der Fertigung von vornherein auszubremsen. In eine ähnliche Richtung gehen Anhaltspunkte, nach denen die Siemens AG EDM bei mehreren Ausschreibungen übergangen haben könnte; diese werden derzeit überprüft.

Stellenabbau hat ein Gesicht

Nach der Information beschlossen die Anwesenden spontan, sich vor dem Betriebsrestaurant zu versammeln. Im Spalier verliehen sie dort ihren übrigen Kollegen gegenüber dem Personalabbau, der für viele eine wenig greifbare Größe ist, ein Gesicht. Gleichzeitig verteilten die Betriebsräte dort ihre Kirchweih-Äpfel sowie ein Flugblatt, das über den nicht nur EDM betreffenden schleichenden Personalschwund in der Niederlassung informiert - mindestens 100 weitere Beschäftigte quer über alle Bereiche hinweg sollen abgebaut werden.