Siemens Dialog
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28.04.2024, 21:04 Uhr

EDM: Ein Verkauf macht nichts besser

  • 26.10.2009
  • Operativ

Die EDM gehört nicht zur Kernkompetenz der I IS - diese Erkenntnis der I IS-Leitung ist nicht neu. Sie wirft die Frage auf, ob die EDM an anderer Stelle im Unternehmen besser aufgehoben wäre. Ein Gastbeitrag der Liste mitEINANDER im Betriebsrat bei Erlangen G.

Einen Mitspieler zu verkaufen, um die eigenen Bilanzen kurzfristig aufzupolieren, ist ein Zeichen wirtschaftlicher Schwäche. Eine die Synergien zwischen den Sektoren erhaltende Neuaufstellung der EDM in der Siemens AG wäre die richtige Alternative.

Seit Jahren bietet die EDM den Sektoren der Siemens AG und weiteren Industriefirmen die Entwicklung und Fertigung elektronischer Baugruppen an. Ihre Spezialität sind hohe Qualitäts- und Umweltanforderungen, kleinere Stückzahlen und Sonderwünsche.

Erfolgreiche Optimierung

In den letzten Jahren hat sich in der EDM vieles verändert. So gut wie kein Arbeitsplatz der EDM Erlangen ist davon verschont geblieben. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben in dieser Zeit auf einen nicht unerheblichen Teil ihrer Erfolgsbeteiligung verzichtet. Zusätzlich zu ihren normalen Aufgaben mussten sie zum Teil erhebliche Reibungsverluste und Nervositäten ausgleichen.

Auf der Basis des Knowhow der Siemens AG sind dabei
- Schwachpunkte systematisch analysiert,
- die eigenen Arbeitsabläufe über stetige Wertstromanalysen weiter optimiert,
- die Organisation entsprechend angepasst,
- das Siemens Produktionssystem und Prozessmodell eingeführt und
- die Prozesse den Qualitätsanforderungen der Kunden entsprechend erweitert und
   zertifiziert worden.

Unterm Strich hat die EDM damit an Qualität und Liefertreue gewonnen und ihre Prozesse weiter optimiert.

Ein vielseitig geschätzter Partner

All das hat dazu geführt, dass die EDM heute vielen Kunden innerhalb und außerhalb der Siemens AG ein auch in Krisenzeiten geschätzter Partner geworden ist - für die Verkehrstechnik (I MO, ...), die Energietechnik (E, AREVA, ...) und andere Bereiche (Healthcare,...).

Die Siemens AG bietet dazu

- der EDM den Zugriff auf ein stetig aktualisiertes und umfangreiches Erfahrungspotential, Knowhow zur Optimierung fast aller Prozessabläufe sowie
günstige Bedingungen für Materialeinkauf und Zwischenfinanzierung,

- den EDM -Kunden, Kreditgebern und Investoren langfristige Sicherheiten und Stabilität

- den EDM - Mitarbeitern sicherere Arbeitsplätze.

Der beabsichtigte Verkauf entzieht der EDM diese Vorteile. Die EDM kann dabei nur verlieren:

- Siemenskunden, die sich zum Schutz ihres Knowhow und Absicherung langfristiger Gewährleistungsforderungen ihrer Kunden eigene Kapazitäten aufbauen
- wertvolle Mitarbeiter, die sich einen Platz in der Siemens AG suchen
- externe Kunden, die auf Siemensprodukte, langfristige Stabilität und Sicherheit Wert legen.

Deshalb sind derartige Verkäufe bislang noch nie eine Erfolgsgeschichten geworden.
Die EDM Erlangen würde darunter besonders leiden.

Kurzfristige Bilanz-“Korrektur“ - langfristige Verluste

Der Wunsch der I IS-Leitung die EDM zu verkaufen, ist deshalb weder aus Sicht der EDM noch aus der Sicht ihrer Kunden und Kreditgeber und schon gleich gar nicht aus Sicht der Mitarbeiter nachvollziehbar. Langfristig gesehen schadet sich die I IS mit dieser Entscheidung selbst. Sinn ergibt das nur, wenn die I IS-Leitung die im Anlagengeschäft für 2010 zu erwartenden Gewinneinbrüche in den eigenen Bilanzen durch den Verkauf eines Teilgeschäftes besser darstellen möchte, als sie in Wirklichkeit sind.

Bilanzen auf diese Weise zu frisieren mag in den Augen mancher das Recht des Managements sein. Aber darf man Arbeitsplätze und die zukünftige Existenzen vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ihrer Familien gefährden, nur um die eigene Bilanz besser darzustellen? Gilt der Schein nach außen mehr als das Sein vieler Kolleginnen und Kollegen, die alle bisherigen Erfolge erarbeitet haben?

EDM neu aufstellen

Der Verkauf eines Geschäftes nur um der kurzfristigen - einmaligen - Gewinne wegen,  gehörte jedenfalls nicht zu den Zielen unseres Firmengründers. Es widerspricht zudem Anstand und unserem Grundgesetz (Artikel 14: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“).
Mit dem geplanten Verkauf werden diese Grenzen überschritten. Mitarbeiter, Betriebsrat, IG Metall, Kirche und Politik sind aufgefordert, das zu verhindern.

Eine Neuaufstellung der EDM innerhalb der Siemens AG ist die richtige Alternative. Damit kann einiges besser, aber nichts schlechter werden. Für die Details können Gesamtbetriebsrat und Betriebsrat dazu ggf. interne oder externe Experten zu Rate ziehen.

Zur Durchsetzung dieser Lösung braucht es jedoch neben guten Argumenten auch ein deutliches Zeichen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der EDM. Auch das wird in den nächsten Wochen zu klären sein.

Holding oder integrierter Technologiekonzern

Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass andere Geschäftsfelder in der Siemens AG auf ähnliche Probleme stoßen: Synergien zwischen  den Sektoren sind zwar erwünscht, aber als Geschäft haben sie selten eine reale Chance. Auf diese Weise bleiben wertvolle Synergien zwischen den Sektoren ungenutzt oder gehen verloren. Die Beschränkung der Geschäftsaktivitäten der jeweiligen Sektoren und Divisionen auf ihre Kernkompetenzen schadet dem Unternehmen mehr, als sie nützt.

In einer Holding ist das so. Ein „integrierter Technologiekonzern“ aber steht und fällt damit, dass er die Synergien zwischen den verschiedenen Geschäftsgebieten nutzt.

(Doris Kindermann und Rainer Dankers, mitEINANDER-Betriebsrat Siemens Erlangen G)