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02.05.2024, 18:05 Uhr

"Das ist Quatsch"

  • 28.05.2008
  • Allgemein

Der zweite IG Metall-Vorsitzende Detlef Wetzel stellt im Interview Schutzbehauptungen der Arbeitgeber im Zusammenhang mit missbräuchlichem Einsatz von Leiharbeit bloß. Gleichzeitig wirbt er für die "Gute Arbeit", mit der sich deutsche Beschäftigte auch im internationalen Wettbewerb durchaus nicht verstecken müssen.

Detlef Wetzel (rechts, hier mit Münchens OB Christian<br>Ude): "Leiharbeit wird missbraucht."

Im <link http: www.sueddeutsche.de wirtschaft artikel _blank external-link-new-window>undefinedGespräch mit der Süddeutschen Zeitung verweist Wetzel auf den aktuellen Armutsbericht der Bundesregierung, der zeigt, "dass der steigende Anteil von Niedriglöhnen eine wesentliche Ursache von Armut ist." Die Tarifverträge in der Zeitarbeit müssen daher nach seiner Überzeugung weiter verbessert werden, wozu wiederum eine stärkere Organisierung der Betroffenen erforderlich ist.

Klare Worte

Für das immer wieder geäußerte Arbeitgeberargument, Leiharbeiter seien weniger produktiv als reguläre Beschäftigte und müssten daher niedriger entlohnt werden, findet Wetzel klare Worte: "Das ist Quatsch. In der Automobilindustrie arbeiten Leiharbeiter und Festangestellte nebeneinander an einem Montageband. Wenn der eine die rechte Autotür montiert und der andere die linke, müsste ja das Band ständig anhalten, wenn Leiharbeiter unproduktiver wären."

Karten auf den Tisch

Auch die kaum verhohlene Drohung, bei gleicher Bezahlung müsse ein Teil der Arbeitsplätze zwangsläufig in Niedriglohnländer verlagert werden, lässt der zweite Vorsitzende der IG Metall nicht durchgehen: "Wenn das so ist, sollen die Arbeitgeber ehrlich sagen, dass Leiharbeit ein Instrument ist, um die Lohnkosten zu senken. Bis jetzt hören wir ja immer nur, Leiharbeit sei ein Instrument zur Flexibilisierung." Das jedoch treffe in der Mehrzahl der Fälle nicht mehr zu: "Wenn es nur um die Flexibilisierung geht, weil eine Firma beispielsweise Auftragsspitzen abfangen muss, kann sie einen Leiharbeiter genauso gut bezahlen wie einen Festangestellten."

Mit Leiharbeit zum Niedriglohn

Zu guter Letzt entkräftet er das Argument, der Kündigungsschutz für regulär Beschäftigte erfordere Leiharbeit, als haltlos: "Leiharbeiter haben eine durchschnittliche Verweildauer in den Betrieben von einem Vierteljahr. In dieser Zeit haben auch alle anderen Beschäftigten den gleichen Kündigungsschutz. Heute dient Zeitarbeit nicht mehr dazu, Personalengpässe zu überbrücken." Das Fazit der IG Metall ist daher eindeutig: "Leiharbeit wird missbraucht. Wenn in einzelnen Betrieben der Anteil der Leiharbeiter bei 20 bis 30 Prozent liegt, wollen die Arbeitgeber in diesen Betrieben einen Niedriglohnsektor etablieren, nichts anderes."

Alternative: Innovation und Qualität

Um Alternativen zu dieser Entwicklung aufzuzeigen, setzt sich die Gewerkschaft unter anderem für Innovationen ein, bei denen die Belegschaften besser beteiligt werden: "Wenn Unternehmen langfristig orientiert sind, werden sie in die Produktqualität, in die Qualität der Arbeitsabläufe und in ihre Mitarbeiter investieren. Solche Firmen sind den neuen Märkten auf der Spur, nicht dem billigsten Produkt." Auf diese Weise habe man bereits mehrfach verhindern können, dass Arbeitsplätze verlagert wurden, denn: "Wenn es nur noch um das billigste Produkt geht, wird es immer irgendwo ein Land geben, das billiger produziert als Deutschland. Die Stärke des Industriestandorts Deutschland ist Innovation und Qualität, darauf müssen wir setzen."