Siemens Dialog
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27.04.2024, 01:04 Uhr

"Beschämend niedrige Einkommen"

  • 09.05.2008
  • Allgemein

Der Leiharbeits-Truck der IG Metall befindet sich derzeit auf Deutschland-Tour. Beim Stopp in München informierten am Donnerstag der zweite IG Metall-Vorsitzende Detlef Wetzel, Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) und der Münchner IG Metall-Bevollmächtigte Hort Lischka zur Leiharbeit in der Region.

Nah dran an fairem Entgelt: Horst Lischka, Christian<br>Ude und Detlef Wetzel (zum Vergrößern anklicken).

Im Rahmen einer Pressekonferenz stellte Wetzel die Dringlichkeit der aktuellen <link http: www.gleichearbeit-gleichesgeld.de _blank external-link-new-window>Kampagne Gleiche Arbeit - Gleiches Geld dar, zu der die so genannte "Fairleih"-Tour des Trucks gehört: "In der Leiharbeit ist die 1-Millionen-Marke bald erreicht. Alleine in der Metall- und Elektroindustrie ist die Zahl der Leiharbeitnehmer im vergangenen Jahr um 40.000 gestiegen."

Eine Befragung von Betriebsräten hat ergeben, dass dieser Boom ungebrochen anhält. Rund 37 Prozent der Betriebe mit über 20 Beschäftigten nutzen Leiharbeit, in gut der Hälfte stieg deren Zahl. Und: Gut 40 Prozent der Betriebsräte geben an, dass die Leiharbeiter in ihrem Betrieb im Durchschnitt länger bleiben. Das Fazit, so Wetzel: "Leiharbeit dient längst nicht mehr dazu, Auftragsspitzen aufzufangen, sondern um Stammarbeitsplätze zu ersetzen."

In der Folge etabliert sich in den Betrieben ein Niedriglohnsektor mit schlechteren Arbeitsbedingungen. Leiharbeiter verdienen erheblich weniger als Stammbelegschaften, bei gleichzeitig geringerem Anspruch auf Urlaub sowie Urlaubs- und Weihnachtgeld. Dies erhöht den Druck auf die Stammbelegschaften - und löst letztlich insgesamt eine Abwärtsspirale bei den Arbeitsbedingungen aus.

Botschaft an Leiharbeiter, Unternehmen und Politik

Die Kampagne der IG Metall versteht sich vor diesem Hintergrund, so Wetzel weiter, als "klare Botschaft an Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter, Unternehmer und Politik: "Wir nehmen es nicht hin, dass Stammbelegschaften und Leiharbeitnehmer gegeneinander ausgespielt werden; dass Stammarbeitsplätze zunehmend durch Leiharbeit verdrängt werden; dass es in Beschäftigte erster und zweiter Klasse gibt."

Münchens Oberbürgermeister Christian Ude schloss sich der grundsätzlichen Kritik am Missbrauch der Leiharbeit an, betonte aber auch das konkrete der Interesse der Kommunen an diesem Thema: "Hier entsteht eine schnell wachsende Gruppe von Arbeitnehmern mit beschämend niedrigem Einkommen. Auf die Kommunen kommen in der Folge ganz erhebliche Belastungen in Form finanzieller Unterstützung für diese Menschen zu." Ude unterstrich, dass die Zahl dieser Menschen, die sich trotz Erwerbstätigkeit in einer prekären Situation befinden, bundesweit bereits eine Million beträgt. Drastischer ist das Phänomen "arm trotz Arbeit" wohl kaum darzustellen, weshalb auch Ude sich in diesem Zusammenhang neben einer verbesserten Regelung der Leiharbeit klar für einen Mindestlohn ausspricht.

Verbesserung bei BMW

Münchens erster IG Metall-Bevollmächtigter Horst Lischka erläuterte gemeinsam mit dem IG Metall-Vertrauenskörperleiter bei BMW, wie die IG Metall in diesem Unternehmen bereits Fortschritte erzielt hat. Eine Vereinbarung regelt dort die Arbeitsbedingungen für die Leiharbeiter und hebt den Stundenlohn um rund vier Euro an - "immer noch keine Reichtümer, aber eine deutliche Verbesserung."

BMW hat mit 34.000 Beschäftigten in Region eine Vorbildrolle, so Lischka. Daher erwartet man, dass in der nächsten Zeit andere Betriebe nachziehen. Dafür will man ihnen Zeit lassen - aber nicht ewig: "Wenn der Truck das nächste Mal nach München kommt, dann steht er nicht merh am Rindermarkt oder dem Sendlinger Tor, dann steht er vor den Betrieben, in denen immer noch Leiharbeit missbraucht wird."