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29.04.2024, 14:04 Uhr

Mehr Aufgaben, weniger Ressourcen

  • 20.03.2008
  • Allgemein

Eine Studie in Betrieben mit hohem Leiharbeitnehmeranteil untersucht das Verhältnis von Betriebsräten und Leiharbeit. Das Ergebnis: Je mehr sich Betriebsräte auch um die Leiharbeiter kümmern, desto weniger Probleme gibt es. Der Haken ist viel zusätzliche Arbeit, weil Leiharbeiter spezielle Interessen und Probleme haben. Auch das Verhältnis zur Stammbelegschaft ist nicht immer konfliktfrei.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Kasseler Sozialforscher Dr. Wolfram Wassermann und Wolfgang Rudolph mit Unterstützung der <link http: www.boeckler.de _blank external-link-new-window>undefinedHans-Böckler-Stiftung.  Sie untersuchten 80 Betriebe mit einem Leiharbeiter-Anteil von durchschnittlich 35 Prozent.

Die zusätzlichen Anforderungen an die Interessenvertretung werden überwiegend nicht auf ihre Personalausstattung angerechnet. Leiharbeiter nämlich dürfen zwar unter bestimmten Bedingungen im Entleihbetrieb wählen, zählen aber nicht bei der Berechnung der Mandate und Freistellungen für die Betriebsräte mit.

Nur knapp 30 Prozent der Betriebsräte berichten, sie hätten mit der Arbeitgeberseite das Berücksichtigen der wahlberechtigten Leiharbeiter vereinbaren können. In ebenfalls rund 30 Prozent aller untersuchten Betriebe fehlen daher durchschnittlich zwei Mandate, die zahlenmäßig  für die Vertretung der Leiharbeiter nötig wären.

Besonders stark gefordert sind in dieser Mehrheit der Fälle die Betriebsräte. Sie tun, was sie können: Knapp 30 Prozent haben einen Verantwortlichen für Leiharbeitnehmerfragen benannt, 20 Prozent haben einen Ausschuss oder eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Gerade in kleineren Betrieben liegt dieser Aufgabenbereich aber einfach in den Händen der Vorsitzenden. Leiharbeiter haben zwar prinzipiell die Möglichkeit, allgemeine Sprechstunden und Betriebsrundgänge des Betriebsrates zur Kontaktaufnahme zu nutzen, doch scheint dies oft nicht zu funktionieren, so die Studie: Ohne gezielte Ansprache etwa durch eigene Vertrauensleute oder bei Versammlungen nehmen sie die Angebote kaum wahr.

Qualitative Einblicke in die Situation von Leiharbeitern bestätigen die gängigen Annahmen, wie der Betriebsrat eines Automobilzulieferers mit 520 Stammbeschäftigten und 130 Leiharbeitern zusammenfasst: "Die arbeiten auf Teufel komm raus, die lassen sich alles gefallen."

Weniger Geld für die selbe Arbeit, dazu die Unsicherheit über eine mögliche Festanstellung - das sind aus Sicht der befragten Betriebsräte die größten Probleme der Leiharbeiter; hinzu kommen häufig nannten sie Konflikte um Arbeitszeit und Sozialleistungen sowie mit den Stammbeschäftigten.

Das Fazit der Studie: Wenn die Integration von Leiharbeitern in die betriebliche Mitbestimmung nachhaltig gefördert werden soll, braucht es nicht weniger, sondern mehr Ressourcen für die Betriebsräte. Bei der Bemessung von Mandaten und Freistellungen für die Betriebsräte müssen künftig alle Arbeitnehmer im Betrieb zugrundegelegt werden.