Siemens Dialog
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03.05.2024, 21:05 Uhr

Offene Diskussion über nachhaltige Strategie

  • 28.04.2008
  • Allgemein

Auf der Betriebsräteversammlung 2007 zitierten sowohl Jürgen Radomski als auch Berthold Huber Schiller in ihren Reden. Nun greift auch der so genannte Gersfelder Kreis auf ein Schiller-Zitat zurück: "Wächst die Gefahr, so wächst das Rettende auch" überschreiben die Arbeitnehmervertreter ihr am 23. und 24. April erarbeitetes Positionspapier zu Lage und Zukunft von Siemens.

Zum vierten Mal trafen sich 45 IG Metall-Betriebsräte aus Werken, Niederlassungen, Stammhaus und Zentralen in ganz Deutschland, dieses Mal, um die ersten Auswirkungen der neuen Struktur zu analysieren und Alternativen zu entwickeln. Siemens will bekanntlich mit der Umstellung auf drei Sektoren, die als Weltunternehmen geführt werden,

+ ein "integrierter Technologiekonzern" bleiben, + seinen Fokus auf organisches Wachstum legen, + wettbewerbsfähiger und weniger komplex werden, + Kosten reduzieren, + die Organisation radikal verschlanken, sowie + klare Verantwortung als Eckpfeiler der neuen Führungskultur einführen.

Siemens als integrierter Technologiekonzern, klare Führungsverantwortung und den Schwerpunkt auf organisches Wachstum zu legen, all das sind seit Jahren Forderungen der Betriebsräte und der IG Metall. Der "Gersfelder Kreis" hegt allerdings deutliche Zweifel an der Umsetzung dieser Ziele durch das sich jetzt abzeichnende Vorgehen:

  • Es gibt Anzeichen, dass die drei Sektoren sich in Hinblick auf Marktzugang, Technologieentwicklung und Organisationsstruktur auseinanderentwickeln.
  • Ein einheitliches Konzernvorgehen wird damit zugunsten separater Sektorstrategien aufgegeben. Siemens One – das bisherige Erfolgsrezept -  wird zum bloßen Schlagwort.
  • Die Sektoren richten sich weltweit aus und orientieren sich zunehmend an den stark wachsenden Volkswirtschaften in Asien und Lateinamerika.

Aus diesen Aspekten leiteten die Arbeitnehmervertreter in Gersfeld eine kritische Schlussfolgerung ab: "Dies führt zu großen Risiken fürs Geschäft und die Beschäftigung im deutschen und europäischen Heimatmarkt. Aber nur wer sich an diesem Markt mit seinen hohen Qualitätsansprüchen an innovative Produkte und Lösungen sowie an Arbeits- und Lebensbedingungen durchsetzt, hat eine Chance als Weltunternehmen nachhaltig zu bestehen." Die bewährte Stärke von Siemens - "Invented & Made in Germany" - sehen sie durch den absehbaren Rückzug aus den lokalen Projektgeschäften und den Services, die nicht mehr zum "Kerngeschäft" gehören sollen gefährdet.

Als Fazit fordert der "Gersfelder Kreis" erneut eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Unternehmensstrategie, die auf der Grundlage des erfolgreichen Auftritts auf den deutschen und europäischen Heimatmärkten beruht. Und diese Strategie kann nicht im stillen Kämmerlein entwickelt werden: "Eine offene Diskussion unter Beteiligung der Beschäftigten und Führungskräfte über die Zukunft des Konzerns in Deutschland und Europa ist notwendiger denn je."

Auch die Arbeitnehmerseite ist sich bewusst, dass Siemens am Weltmarkt präsent sein muss, um zukunftsfähig zu bleiben, warnt jedoch: "Eine vorwiegend an Kostenoptimierung und den Billigmärkten der Welt orientierte Strategie der Siemens-Weltunternehmer wird die Wettbewerbsfähigkeit von Siemens in der Welt und damit auch die Arbeitsplätze in Deutschland und Europa gefährden. Wir wollen eine konkrete Perspektive und sichere Arbeitsplätze für die Beschäftigten bei Siemens und ihren Töchtern in Deutschland, in den Werken, den Niederlassungen, in Vertrieb, Verwaltung und Entwicklung. Nur das sichert auch den langfristigen Bestand des Unternehmens."

Das vollständige Gersfelder Positionspapier können Sie als PDF über obenstehenden Link herunterladen.