Siemens Dialog
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29.04.2024, 11:04 Uhr

Schwenk zur Binnenwirtschaft

  • 13.03.2009
  • Allgemein

Der Funktionsbereich Wirtschaft-Technologie-Umwelt der IG Metall skizziert in seiner aktuellen wirtschaftspolitischen Analyse die Lage der Metall- und Elektroindustrie angesichts der Wirtschaftskrise. Erwartungsgemäß sprechen die Anzeichen für "ein besonders schlechtes Jahr" 2009. Das Fazit: "Höchste Zeit also für eine stärker binnenwirtschaftlich orientierte Politik in Europa."

Exportentwicklung der M+E-Industrie<br>(zum Vergrößern anklicken)

2008 verbuchte Deutschland mit einem Exportvolumen von rund 995 Milliarden Euro einen deutlich abgeschwächsten Zuwachs gegenüber dem Vorjahr. In der Metall- und Elektroindustrie lag die Entwicklung mit einem Export-Minus von zwei Prozent hinter der Gesamtwirtschaft, deren Ausfuhr um 3,1 Prozent stieg.

Handelsbilanzüberschuss rückläufig

Der Vorsprung des Exportvolumens gegenüber dem der Importe (Handelsbilanzüberschuss), bisher das Rückgrat des Wachstums in Deutschland, sank von 2007 auf 2008 um 9,8 Prozent. Für das Ziel einer ausgeglichenen Handelsbilanz als Basis nachhaltigen Wachstums ist die Binnennachfrage zu schwach und muss folglich durch kräftige Lohnerhöhungen und eine stärkere öffentliche Nachfrage gestärkt werden.

Das Exportvolumen der Metall- und Elektroindustrie sank von 2007 auf 2008 um zwei Prozent. Die wichtigsten Abnehmerländer importierten zum Teil erheblich weniger als 2007, wobei die Automobilindustrie mit über 32 Prozent vor dem Maschinenbau mit gut 27 Prozent noch den Löwenanteil stellte.

Branchen unterschiedlich betroffen

Nach einzelnen Branchen gegliedert mussten vor allem Kommunikationstechnik und Elektronik sowie Informationstechnologie und Büromaschinen Einbrüche hinnehmen (Grafik). Leichte Zuwächse verzeichneten noch der Maschinenbau und die Elektrizitätszeugung/-verteilung. Vergleichsweise gut steht auch die Herstellung von Flugzeugen, Schiffen und Eisenbahnen da, weil sie maßgeblich von langfristigen Großaufträgen beeinflusst wird.

Negative Prognose

Aufgrund des im Dezember 2008 weiter beschleunigten Abwärtstrends gehen die Experten der IG Metall wie die der meisten anderen Organisationen vor diesem Bild für 2009 von erheblichen Rückgängen im deutschen Außenhandel aus. Die Prognosen reichen von minus 2,9 bis minus 8,9 Prozent bei Aus- und von null bis minus fünf Prozent bei Einfuhren.

Dies würde zwar wegen geringerer Handelsbilanzüberschüsse eine ausgeglichenere Bilanz erzielen, allerdings auf dem Rücken von Beschäftigung und Arbeitsplätzen: "Setzt sich der Rückgang bei den Exporten fort, besteht die Gefahr, dass auch der Überschuss aus dem Außenhandel als Wachstumsimpuls wegbricht. Da vom privaten Konsum und der öffentlichen Nachfrage, wenn überhaupt, nur minimale Nachfragesteigerungen zu erwarten sind, droht 2009 ein besonders schlechtes Jahr zu werden."

Export und Import ausbalancieren

Die Ursachen für diese unheilvolle Entwicklung sind schnell ausgemacht: Einbrüche im Welthandel um voraussichtlich fast drei Prozent und der starke Euro in Verbindung mit der einseitig exportorientierten deutschen Wirtschaft schaffen Abhängigkeiten, vor denen die IG Metall seit Jahren warnt.

Angesichts der aktuellen Aussichten betont die Analyse zusammenfassend, dass trotz relativ guter Tarifabschlüsse 2008 die Binnennachfrage nicht in Gang kommt: "Die Menschen sind verunsichert und halten sich zunehmend bei Investitionen und Konsum zurück. Hier sind alle europäischen Staaten gefragt, antizyklisch die öffentliche Nachfrage zu erhöhen und mit staatlichen Investitionen für Aufträge bei den Firmen und damit für mehr Beschäftigung zu sorgen. Die bisherigen staatlichen Konjunkturprogramme reichen dafür noch nicht aus."