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16.05.2024, 16:05 Uhr

Sekretariat: Beruf mit Zukunft?

  • 15.07.2008
  • Allgemein

Dass Frauen in Männerberufen für die gleiche Arbeit im Schnitt 23 Prozent weniger erhalten, ist durch die Medien hinlänglich bekannt. Dass FRAU in typischen Frauenberufen bis zu 30 Prozent herabgestuft werden kann, ist hingegen neu und erst seit Umsetzung des neuen Tarifsystems ERA durch die Arbeitgeber möglich.

Lohn- und Gehaltsempfänger wurden mit diesem Entgelt Rahmen Abkommen in ein gemeinsames System überführt und die neue Entgeltstufe nach Aufgaben ermittelt. Dies bedurfte einer Neubewertung aller Tätigkeiten. Man möchte meinen, eine gerechte Sache - es sollte anders kommen.

ERA - Missbrauch als Kostendämpfer

Viele Firmen nutzten die Möglichkeit, unter dem Deckmantel der Gerechtigkeit Entgelte drastisch abzusenken und damit Kosten zu sparen. Während die Bewertungskriterien in der technischen und kaufmännischen Sachbearbeitung relativ einfach anzuwenden waren und sogar größtenteils zu Aufwertungen in der Eingruppierung führten, kam es in Berufen, in denen Softskills wie Multitasking, Flexibilität, Belastbarkeit etc. eine entscheidende Rolle spielen, zu drastischen Abgruppierungen. Vor allem im Bereich der Sekretariate und Teamassistenzen entscheiden solche Kriterien, ob FRAU gut im Job ist; hier hieß es seitens der Personaler ganz lapidar „das kann doch jede“.

Dadurch wird deutlich, dass diese Berufssparte leider immer noch eng mit dem Image „Tippen und Kaffeekochen“ verknüpft ist. Tatsächlich jedoch bedeutet modernes Office-Management hochqualifizierte Arbeit: Beherrschen unzähliger IT-Anwendungen, Kenntnis von Prozessen, Richtlinien und Organisation, Termin- und Reisemanagement, Fremdsprachen, Controlling, Erstellung von Präsentationen, Sachbearbeitung, fachliche Assistenz - die Liste vielfältiger und verantwortungsvoller Tätigkeiten ist lang.

Rang Chef = Eingruppierung Sekretärin?

Gerade in großen Konzernen wurde pauschal nach althergebrachten Hierarchiestrukturen, und nicht nach tatsächlicher Tätigkeit eingruppiert. Schublade auf und zu - fertig! Einsparungsziel erreicht. Neu Eingestellte erhalten nach dieser Radikalkur für die gleiche Arbeit bis zu einem Drittel weniger Entgelt; erfahrene Sekretärinnen/Teamassistentinnen wurden mit einer Bestandssicherung „ruhig gestellt“.

Leiharbeitskräfte : jung, billig, auf Festanstellung hoffend

Nachdem in einigen großen Unternehmen in der Folge erhebliche Unruhe bei den Betroffenen ausbrach und Abwanderung begann, setzt man bei Neubesetzungen im Officebereich im großen Stil auf Leiharbeitskräfte. In manchen Abteilungen sind bis zu 50 Prozent aller entsprechenden Stellen mittlerweile mit externen Kräften besetzt. Jung, billig und mit der Hoffnung auf eine Festanstellung in ferner Zukunft, arbeiten sie durchweg engagiert, wenn auch zwangsläufig ohne firmeninterne Erfahrung und Wissen. Dies geht zu Lasten erfahrener Kräfte, die per Order dazu angehalten sind,  Leiharbeitskräfte auszubilden und in Interna einzuweisen.
Fazit: FRAU darf den Ast, auf dem sie sitzt auch noch selbst absägen.

„Es ist an der Zeit“, so die Kolleginnen des mittelfränkischen NeST (<link http: www.nest-igmetall.de _blank external-link-new-window>undefinedNetzwerk Sekretärinnen und Teamassistentinnen), „das Berufsbild Sekretariat/ Teamassistenz zu verbessern. Denn entgegen der landläufigen Meinung handelt es sich hierbei um einen anspruchsvollen, qualifizierten Beruf mit zahlreichen Facetten.“

NeST setzt sich für einen Ausbildungsberuf „Assistenz“ ein

Auf mittelfränkischer Ebene setzt sich das NeST für eine differenzierte Bewertung der Büro- und Assistenzberufe ein. „Wichtig ist“, so das NeST, „eine 3jährige Ausbildung mit entsprechendem IHK-Berufsabschluss für diese Berufssparte. Nur so ist ein einheitlicher Qualitätsstandard und eine Imageverbesserung zu erzielen.“