Siemens Dialog
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17.05.2024, 13:05 Uhr

'Sozialverträglicher Arbeitsplatzabbau' - Unwort des Jahrzehnts?

  • 23.06.2008
  • Operativ

Unter dem Titel "Sorge: 'Der Betrieb wird ausgelutscht'" berichtete die "Westfälische Rundschau" Ende Aril über den durch Verlagerung und Verkauf bedrohten VDO-Standort Dortmund Dorstfeld. Der Leserbrief eines örtlichen IG Metall-Vertrauensmannes nimmt im Juni Stellung zu der heiklen Situation vor Ort.

Der Artikel der "WR" schildert die Proteste verbitterter Beschäftigter des ehemaligen Siemens VDO-Standorts, dessen Bereich Fuel Systems mit rund 750 Mitarbeitern verkauft werden soll, während der Sensorik mitsamt 200 Stellen die Verlagerung in ein Niedriglohnland bevorsteht. Ein langjähriger Vertrauensmann äußerte sich Mitte Juni in der <link http: www.derwesten.de nachrichten staedte dortmund news-41880669 detail.html _blank external-link-new-window>undefinedOnline-Ausgabe mit einem Kommentar zu den Plänen des Conti-Managements:

„Sozialverträglicher Arbeitsplatzabbau“ - das Unwort des Jahrzehnts?

Als Betroffener und IG Metall- Vertrauensmann bei Continental Automotive GmbH in Dortmund habe ich gehört, dass mittlerweile zwischen dem Conti-Vorstand und dem Betriebsrat über „sozialverträgliche Lösungen“ für die Arbeitsplatzvernichtung verhandelt wird.

Die Herren des Continental-Vorstandes haben auf der Betriebsversammlung am 28.4. eiskalt verkündet, dass ca. 200 Arbeitsplätze der Sensorik in Dortmund verschwinden sollen und der Rest des Werkes (1000 Arbeitsplätze) verkauft werden soll. Was wir in unserer Region erleben, ist eine bisher nicht gekannte Arbeitsplatzvernichtung – insbesondere bei industriellen Frauenarbeitsplätzen. Zuerst Siemens-Vogt in Witten, dann Siemens BenQ, dann Nokia und jetzt sollen wir dran sein? Wie viele Arbeitsplätze sollen denn noch „sozialverträglich“ vernichtet werden? Alles nur für die noch weitere Steigerung des Profits und die Eroberung neuer Märkte z.B. in Asien!

Für einige mag eine Abfindung ja noch irgendwie den Weg in den Ruhestand ebnen - zwar mit hohen Verlusten – aber doch irgendwie. Aber was ist mit den jüngeren Kolleginnen und Kollegen, die noch viele Jahre arbeiten müssen? Für sie ist die Abfindung ruckzuck weg. Und dann fällt Mann oder Frau tief – entweder in Hartz IV oder in einen der vielen Leiharbeiterjobs des Merkelschen Jobwunders!

Und was ist mit den Arbeitsplätzen, die für die Zukunft der Jugend fehlen? Was ist mit den Kolleginnen, die wegen Kindern auf einen Teilzeitjob gewechselt haben und jetzt mit viel weniger Arbeitslosengeld bestraft werden? Für mich sollte die Wortkombination „sozialverträglicher Arbeitsplatzabbau“ zum Unwort des Jahrzehnts erklärt werden.

Conti kann sich ja auf eine rechtlich sichere Gesetzeslage im Kapitalismus berufen. Arbeitsplatzvernichtung zählt zu unternehmerischen Entscheidungen, die man angeblich nicht ändern kann bzw. darf. Man sollte sich aber nicht wundern, dass sich die Suche vieler Menschen nach einer Zukunftsperspektive mittlerweile außerhalb des Kapitalismus bewegt!

Die einzige akzeptable Lösung für mich und viele andere Kolleginnen und Kollegen wäre: Conti übernimmt alle 200 Kolleginnen und Kollegen der Sensorik in das andere Werk und macht die Übernahme dieser Kolleginnen und Kollegen als Vorraussetzung für die weiteren Verkaufsverhandlungen! Dafür müsste sich jedoch noch einiges tun!