Siemens Dialog
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26.04.2024, 16:04 Uhr

Zu flach, zu kurz, daneben

  • 19.04.2012
  • Allgemein

- diese Zusammenfassung des Bezirksleiters der IG Metall in NRW, Oliver Burkhard, lässt sich nach den Tarifverhandlungen am 18. und 19. April flächendeckend auf das Angebot der Metall- und Elektroarbeitgeber übertragen. Es enthält: Entgelterhöhung knapp über der Inflation, Ausweichen bei der Leiharbeit, Blockade bei der Übernahme und verkappte Arbeitszeiterhöhung.

Erster Warnstreik bei Siemens Energy in Erfurt.

Magere Entgelterhöhung ...

Am Mittwoch hatte die dritte Runde der Tarifverhandlungen in NRW begonnen, die anderen Bezirke folgten am Donnerstag. Was nach dem Angebot in NRW absehbar war, bestätigte sich: Die Arbeitgeber bieten bundesweit einheitlich eine Entgelterhöhung von mageren drei Prozent für 14 Monate, was auf 12 Monate umgerechnet gerade einmal 2,57 Prozent entspricht. Bei einer Inflationsrate von 2,3 Prozent im Jahr 2011, die 2012 allein wegen der Spritpreise nochmals höher liegen dürfte, würde das mit knapper Not für den Reallohnerhalt reichen - die Produktivitätssteigerung wird offenbar ebenso ignoriert wie die überwiegend überraschend guten Ergebnisse.

... und das war's auch schon ...

Noch düsterer sieht es bei den inhaltlichen Forderungen - Mitbestimmung der Betriebsräte in Sachen Leiharbeit und unbefristete Übernahme der Ausgebildeten - aus. Letztere lehnen die Arbeitgeber unverändert ab, als Trostpflaster bieten sie völlig unverbindliche Absichtserklärungen, "Ausgebildete wie bisher möglichst auch unbefristet einzustellen" (Metall NRW). Außerdem sollen benachteiligte Jugendliche Chancen auf eine Ausbildung erhalten - das klingt zwar gut, ist allerdings ohnehin schon praktisch flächendeckend vereinbart.

... bis auf eine Gegenforderung nach Arbeitszeiterhöhung

Zur Leiharbeit schließlich erklären die Arbeitgeberverbände, für die Forderung der IG Metall nach Einfluss für die Betriebsräte bestehe "kein Raum". Statt dessen befürworten sie die parallel laufenden Verhandlungen mit den Zeitarbeitsverbänden für Branchenzuschläge. Vielleicht, damit die Arbeitnehmer bei soviel Güte nicht übermütig werden, positioniert die Arbeitgeberseite in diesem Zusammenhang eine nachgerade dreiste Gegenforderung: Zur Kompensation der Kostensteigerung durch potenziell irgendwann einmal näherrückende Branchenzuschlägen wünschen sie sich eine Ausweitung der tariflichen 40-Stunden-Quote. In Bayern etwa will der vbm diese von derzeit 13 auf künftig 25 Prozent fast verdoppeln; hier könnte dann ein Viertel aller Beschäftigten 40 Stunden arbeiten, ein drastisches Aufweichen der 35-Stunden-Woche.

Erster Warnstreik bei Siemens

Angesichts dieser "Provokation" (der bayerische IG Metall-Bezirksleiter Jürgen Wechsler) und der Tatsache, dass die Arbeitgeber erst in der zweiten Maiwoche (also nach Ablauf der Friedenspflicht) weiter verhandeln wollen, wächst nun die Wahrscheinlichkeit von Warnstreiks. In Thüringen, wo bereits keine Friedenspflicht besteht, gab es am Donnerstag Morgen einen ersten Vorgeschmack davon: Über 650 Metallarbeiter legten für rund eine Stunde die Arbeit nieder, darunter die komplette Frühschicht des Erfurter Siemens-Generatorenwerks.


Zahlreiche Fotos vom Warnstreik bei Siemens in Erfurt gibt es <link http: www.flickr.com photos igmetall sets _blank external-link-new-window flickr>undefinedHIER bei flickr.