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08.05.2024, 13:05 Uhr

Der Druck steigt

  • 16.04.2009
  • Allgemein

Psychische Belastungen am Arbeitsplatz haben nach einer Erhebung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung in 79 Prozent der Betriebe zugenommen. Die Experten rechnen mit einem weiteren Anstieg durch die Wirtschaftskrise.

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Das <link http: www.boeckler.de _blank external-link-new-window>undefinedWSI ermittelte seine aktuellen Zahlen im Zeitraum von September 2008 bis Januar 2009, in einer Phase also, in der die Krise eben erst in den Unternehmen anzukommen begann. Dennoch stehen der Betriebsrätebefragung zufolge in vier von fünf deutschen Betrieben Beschäftigte ständig unter hohem Zeit- und Leistungsdruck, die Krise dürfte diese Situation seither nach Ansicht der Gesundheitsexpertin Elke Ahlers weiter verschärfen.

In 84 Prozent der deutschen Betriebe gibt es Mitarbeiter, die dauerhaft unter hohem Zeit- und Leistungsdruck arbeiten, berichteten die befragten Betriebsräte. Und es geht es nicht etwa um Einzelfälle: Betroffen sind mit durchschnittlich 43 Prozent große Teile der Belegschaften. Diese Zahlen gelten als repräsentativ für Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten und Betriebsrat, von denen 1.700 befragt werden.

Psychische Belastungen haben in den vergangenen drei Jahren nach Einschätzung von 79 Prozent der Befragten zugenommen. Besonders stark betroffen sind Beschäftigte in Dienstleistungsberufen sowie den Branchen Verkehr, Nachrichten und Telekommunikation, wo rund jeder Zweite den Druck spürt. Als Ursachen nennen 84 Prozent der Arbeitnehmervertreter eine zu enge Personaldecke, 79 Prozent die hohe Eigenverantwortlichkeit der Beschäftigten und 75 Prozent die Abhängigkeit von Kundenvorgaben.

Ahlers erklärt die besorgniserregende Entwicklung so: "Durch neue Organisationsformen in den Unternehmen steuern zunehmend Kundenvorgaben und Ergebnisorientierung den Arbeitsrhythmus. Und das mit immer weniger Personal." Hinzu kommt die allgegenwärtige Ergebnisorientierung, die längst den einzelnen Mitarbeiter unmittelbar betrifft. 58 Prozent der Betriebsräte geben an, dass Beschäftigte regelmäßig mit Umsatz- und Renditezahlen konfrontiert und daran gemessen werden. Eine der Konsequenzen aus diesem anhaltend hohen Leistungsdruck: 37 Prozent der Betriebsräte beobachten, dass Beschäftigte mehr als neun Stunden am Tag arbeiten.

Die aktuelle Auftragslage der Betriebe hatte zum Zeitpunkt der Befragung offenbar noch relativ wenig Einfluss auf den Zeit- und Leistungsdruck. Den Anteil der Betroffenen in der Belegschaft schätzten die Betriebsräte unabhängig von ihr ähnlich ein. Ahlers erwartet allerdings, dass sich dies im Zuge der Wirtschaftskrise zum Negativen hin verändern wird: "Die Personaldecke in den Betrieben wird noch dünner, die Angst vor dem Jobverlust zunehmen. Dies dürfte sich negativ auf die Gesundheit der Beschäftigten auswirken."