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18.05.2024, 20:05 Uhr

„Wie der Elefant im Porzellanladen“

  • 28.06.2008
  • Allgemein

Eine Presseerklärung des Betriebsrats der Siemens Niederlassung Hamburg vom 28. Juni 2008 zu den am 27. Juni an die Öffentlichkeit gelangten Abbauplänen im Zusammenhang mit Konzernumbau.

„Wie der Elefant im Prozellanladen“ – Siemens CEO Löscher verprellt Betriebsräte, Mitarbeiter und Führungskräfte

Siemens lässt die Katze aus dem Sack: Gemäß Medienberichten sollen 6.450 Mitarbeiter in Deutschland abgebaut werden, um das 1,2 Milliarden Euro Sparziel zu erreichen. Heftig davon betroffen sind auch die Niederlassungen. Stimmen die Berichte, so geht es ebenfalls um Ausgliederung von bundesweit 1.300 Beschäftigten der SIMS (Siemens Industrie Montage Service), das wären in Hamburg ca. 50 Beschäftigte. Mindestens weitere 50 könnten durch die Reduktion der Zentralen und Verwaltungsaufgaben betroffen sein, so die Einschätzung von Rüdiger Skrobarczyk, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender in Hamburg und Mitglied im Siemens Wirtschaftsausschuss: „Die angekündigte Ausgliederung der SIMS schwächt die Kundennähe und blutet die Niederlassungen aus, nicht nur in Hamburg.“

„Wir haben den Stellenabbau aus der Presse erfahren, noch bevor der Wirtschaftsausschuss und der Aufsichtrat davon informiert wurde und Verhandlungen begonnen haben“, kritisiert Birgit Steinborn scharf, Betriebsratsvorsitzende in der Niederlassung Hamburg. Sie ist zudem im Siemens Aufsichtsrat und im Wirtschaftsausschuss.

Befürchtungen lösen nicht nur die aktuellen Sparmaßnahmen aus, sondern die Firmenstrategie insgesamt. Dazu Birgit Steinborn: „Mit der Neuorganisation gibt Siemens die seit mehreren Jahren sehr erfolgreich umgesetzte Deutschlandstrategie für die Niederlassungen auf. Die Organisation „Region Deutschland“ wird in Zukunft nur mehr auf dem Papier existieren. Mit der Ausrichtung der Sektoren auf die Märkte in Asien und Lateinamerika und der von H. Löscher geplanten Internationalisierung des Managements läuft Siemens Gefahr, den deutschen und europäischen Heimatmarkt zu vernachlässigen.“

Herr Löscher sagte in der 'Süddeutschen Zeitung', „Es kann nicht sein, dass wir nur bei den Arbeitern Opfer einfordern. Es geht jetzt um die Lähmschicht - vor allem das obere und mittlere Management.“ Damit verprellt er nicht nur die Führungskräfte vor Ort und treibt einen Keil in die Belegschaft, zwischen Produktions- und Verwaltungspersonal, sondern solche Äußerungen von Herrn Löscher in der Presse sind Augenwischerei: Schaut man sich die Struktur der Bereiche an, in denen abgebaut wird, so sind hier mehr als drei Viertel Tarifangestellte beschäftigt, davon zu einem großen Anteil Frauen. „Es würde mich sehr überraschen, wenn hier die Führungskräfte überdurchschnittlich abgebaut würden“, so Steinborn. „Die weiteren Probleme, besonders in der Division Mobility, trifft Produktionsstandorte sogar mehr als Verwaltungspersonal. Alle Siemens-Mitarbeiter machen sich große Sorgen um die Zukunft ihres Arbeitsplatzes.“

Nicht mit den Arbeitnehmern zu verhandeln, sondern die Tatsachen gleich in die Presse zu lancieren, ist Teil des neuen Cowboystils im Management - Hire and Fire -, der sich zunehmend im Unternehmen breit macht. Mit Sozialpartnerschaft und einem Dialog mit Beschäftigten und Betriebsräten hat das nichts mehr zu tun. „Herr Löscher geht vor wie der Elefant im Porzellanladen“, so Rüdiger Skrobarczyk.

Wir fordern ein tragfähiges Konzept der Personalentwicklung und Innovation, statt reiner Kostensparprogramme! Wir fordern eine tragfähige Deutschlandstrategie für mehr Kundennähe und Marktausschöpfung. Wir fordern, den Service in den Niederlassungen der Siemens AG zu erhalten und ausbauen. Wir fordern Dialog statt Kommando von oben, die Einbeziehung von Gesamtbetriebsrat, Wirtschaftsausschuss und IG Metall mindestens nach den Vorgaben des Gesetzes.

Betriebsrat Niederlassung Hamburg
Gez. Birgit Steinborn