Siemens Dialog
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29.04.2024, 23:04 Uhr

Bessere Geschäfte ohne Bestechung

  • 03.08.2009
  • Allgemein

Der naheliegende Verdacht, Siemens' Korruptionsaffäre sei nur die Spitze eines Eisberges, erhärtet sich durch ähnliche Skandale bei anderen Unternehmen. Experten bestätigen angesichts dieser Erkenntnis, was auch Compliance-Vorstand Peter Y. Solmssen immer wieder betont: Korruption ist nicht nur unnötig, sondern langfristig sogar kontraproduktiv.

Wie viel Schmiergeld braucht die Wirtschaft?

Die "<link http: www.welt.de wirtschaft article4203994 korruption-schadet-dem-geschaeft-der-korrupten.html _blank external-link-new-window>undefinedWelt" befragte kürzlich Hans-Jürgen Stephan, Deutschland-Chef der Unternehmensberatung <link http: www.controlrisks.com _blank external-link-new-window>undefinedControlRisks, zum Thema. Die provokante Eingangsfrage: "Wie viel Schmiergeld braucht die Wirtschaft, um zu funktionieren?"

Stephan antwortet lapidar, eine Firma könne auch ohne Schmiergeldzahlungen erfolgreich sein und lässt weder das Beispiel Siemens noch MAN als Einwand gelten: "Zum einen ist Korruption eine kostspielige Maßnahme, denn die Unternehmen werden, wenn sie einmal gezahlt haben, immer höhere Preise zahlen müssen. Das ist schon ein gewisser Automatismus. Zum zweiten macht sich jedes Unternehmen erpressbar, denn die Schmiergeld-Empfänger wissen ja, dass die Firmen etwas Unrechtes gemacht haben."

Verbreiteten Schutzbehauptungen, in Ländern wie Pakistan, Russland und China erhalte man ohne Bestechung keine Aufträge, widerspricht die Erfahrung in der Praxis. Entscheidend ist demnach vielmehr ein Alleinstellungsmerkmal wie etwa eine führende Technologie; problematisch, so räumt Stephan ein, wird es in einem Markt mit Massenware. Eine zugespitzte Folgerung: Schmiergelder sind ein Eingeständnis technologischer Rückständigkeit.

"Rendite allein kann es nicht sein"

Wo sich ohne Bestechung trotz allem kein Marktzugang erringen lässt, stellt sich laut Stephan für ein Unternehmen die Frage, ob es seine Investitionen nicht eher in einen anderen Markt umleiten sollte. Damit geht ein Abschied von Rendite um jeden Preis einher: "Das gehört sicherlich zum kulturellen Umdenkungsprozess in einem Unternehmen. Ich muss andere Anreizsysteme finden, durch die ich die Mitarbeiter vor Ort steuern und lenken kann. Die Rendite allein kann es nicht sein."

Nicht unbedingt in Führungsproblem, aber sicher ein Führungsthema

Korruption ist demnach zwar vielleicht nicht gerade ein Führungsproblem, aber gewiss ein Führungsthema, das sich - wie jetzt bei Siemens der Fall - von oben steuern lässt. Viele entscheidende Aspekte legen Vorstand und Top-Manager fest; sie haben "daher sicherlich einen enormen Einfluss darauf, ob sich Korruption ausbreitet oder ob sie verhindert wird." In diesem Zusammenhang beantwortet Stephan auch die Frage, ob es denn vorstellbar sei, dass eine Führung von massiven Korruptionsvorgängen nichts mitbekommt: "Offen gestanden, da habe ich meine Zweifel."


Zum <link http: www.welt.de wirtschaft article4203994 korruption-schadet-dem-geschaeft-der-korrupten.html _blank external-link-new-window>undefinedvollständigen Interview der "Welt" mit Hans-Jürgen Stephan.