Siemens Dialog
https://www.dialog-igmetall.de/nachrichten/betriebsraeteversammlung-durchbruch-fuer-siemens-2020
26.04.2024, 20:04 Uhr

Betriebsräteversammlung: Durchbruch für Siemens 2020

  • 26.11.2013
  • Allgemein

Die diesjährige Betriebsräteversammlung der Siemens AG erzeugte vergangene Woche eine in dieser Form lange vermisste Aufbruchstimmung: Grundlegende Positionen der Arbeitnehmerposition "Siemens 2020" wirken bis ins Top-Management hinein. Etliche alte Interessengegensätze scheinen zu wanken, ein offener Dialog zeichnet sich ab.

Gesamtbetriebsratspitze und IG Metall.

Viel Applaus für klare Ansagen.

Andrang am Stand des Siemens Teams.

Ernste Versprechen ...

... aber es durfte auch mal gelacht werden. (alle Fotos D. Kuttner)

Durch alle Turbulenzen vorangekommen

Trotz oder gerade wegen der der Turbulenzen der vergangenen Monate im Hause Siemens herrschte vom Beginn der Versammlung an positive Stimmung unter den rund 570 Betriebsräten - schließlich haben sie sich gemeinsam mit der IG Metall durch alle Ereignisse hindurch ein weiteres Mal als stabilisierender Faktor im Unternehmen bewiesen, sind vorangekommen. Und so war es bezeichnend, als auf Berthold Hubers Aussage "Wenn ich die heutige Stimmung mit der vor einem Jahr vergleiche ..." amüsiertes Raunen und Applaus folgten, so dass er schließlich fortfuhr: "... dann brauche ich diesen Satz gar nicht zu Ende zu bringen."

2020 toppt 2014

"Siemens 2020", das wurde mehr als deutlich, hat den Wettlauf gegen "Siemens 2014" klar gewonnen. Die fünf Hebel, mit denen dieser Ansatz Siemens auf den richtigen Kurs bringen will - Stärkung der Wertschöpfung in Deutschland und Europa, sektorübergreifende Integration der Aktivitäten, Investition in Zukunftstechnologien, attraktive Gestaltung von Arbeitsbedingungen und -umfeld, neue Unternehmenskultur - setzen sich nicht nur bei den Betriebsräten, sondern auch in der Mehrheit der Belegschaft und zunehmend unter Führungskräften durch.

Weitreichende Hebelwirkung

Und auch in den Chefetagen sind diese Hebel mittlerweile angekommen, wie etliche Äußerungen des neuen Vorstandsvorsitzenden Joe Kaeser und seines Arbeitsdirektors Klaus Helmrich erkennen ließen. In den Statements des CEO waren Anzeichen dafür bereits seit der Amtsübernahme herauszuhören, beispielsweise in offenen Hinweisen darauf, dass eben nicht nur Margen entscheidend sind, sondern auch und vor allem die Menschen, die sie letzten Endes erarbeiten.

Offene Kommunikation

Diese Haltung unterstrich Kaeser in Berlin nachdrücklich und überzeugte damit die Betriebsräte von seiner Absicht, Siemens im offenen Dialog mit allen Beteiligten zu führen. Falsch wirkende Schmeichelei war dabei nicht zu spüren, denn auch potenzielle Interessengegensätze sprach der CEO ebenso offen an wie die Tatsache, dass trotz allem die "Führung eines Unternehmen wie Siemens keine basisdemokratische Veranstaltung ist". Alles stand jedoch stets vor dem Hintergrund seiner wiederholt betonten Entschlossenheit, etwaige Probleme nicht über die Köpfe der Arbeitnehmer hinweg zu lösen und essentielle Entscheidungen nicht isoliert im Elfenbeinturm zu fällen.

Radolfzell 2.a

Ein in dieser Hinsicht nützliches Instrument ist die sogenannte "Scorecard", die in Erweiterung der Standort- und Beschäftigungssicherung von Radolfzell als eine Art Frühwarnsystem eingeführt wird. Mit ihrer Hilfe sollen kritische Entwicklungen einzelner Geschäfts oder Standorte frühzeitig erkannt und der Arbeitnehmerseite kommuniziert werden - so frühzeitig, dass erfolgreiches Gegensteuern eine realistische Alternative zum bloßen Reagieren bleibt.

Schluss mit Hinterherhecheln

Aufrichtig wirkte auch die Versicherung, künftig mehr auf nachhaltige Entwicklung zu setzen, als auf kurzfristige Kennzahlen. Kaeser erteilte mit heißer Nadel gestrickten Forderungen von Börse und Analysten eine klare Absage, sei es im Zusammenhang mit erst mittel- oder langfristig rentablen Zukunftsinvestitionen, sei es im Umgang mit problematischen Geschäftsbereichen, die künftig nach Möglichkeit erst einmal in eigener Regie wieder stabilisiert werden sollen. Insgesamt klang ein Selbstbewusstsein durch, das viele Betriebsräte lange vermisst haben: Siemens hat es nicht nötig, kurzatmig und hektisch den jeweils neuesten Analystentrends hinterherzuhecheln.

Neue Chancen für "Siemens 2020"

All das kam unübersehbar an, bei den Betriebsräten im Saal genauso wie bei den VertreterInnen der Gesamtbetriebsratsspitze und der IG Metall auf dem Podium. Die Firmenseite muss nun in der Praxis zeigen, dass sie es ernst meint mit ihren Absichtserklärungen; die Betriebsräte, die IG Metall und nicht zuletzt die Beschäftigten selbst müssen ihrerseits die neuen Chancen nutzen und ihr "Siemens 2020" unternehmensweit, aber auch und vor allem in den Betrieben vor Ort weiter mit Leben füllen.