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03.05.2024, 06:05 Uhr

Krank in der Krise

  • 13.10.2009
  • Allgemein

Deutsche Beschäftigte schleppen sich aus Angst vor Nachteilen bis hin zur Kündigung immer öfter lieber krank zur Arbeit, als sich - und ihre Leistungsfähigkeit - angemessen auszukurieren. Der Trend bestätigt sich praktisch im Quartalsrhythmus und trotzt allen Mahnungen von Experten, nach denen er langfristig auch die Unternehmen schädigt.

Drittniedrigster Krankenstand seit 1970

Angesichts der Wirtschaftskrise und mit ihr einhergehender Angst vor womöglich bevorstehenden Massenentlassungen ist diese seit Jahren fast ungebrochen anhaltende Entwicklung derzeit besonders stark ausgeprägt. Die Krankenstände in deutschen Unternehmen erreichten in den ersten neun Monaten den drittniedrigsten Stand seit Einführung der Statistik 1970, berechnete das <link http: www.bmg.bund.de _blank external-link-new-window>undefinedBundesgesundheitsministerium. Experten bestätigen den Zusammenhang mit wachsender Angst vor Jobverlust.

Bis Ende September wurden statistisch 3,25 Prozent aller ArbeitnehmerInnen in Deutschland mindestens einmal ärztlich krankgeschrieben, während es im Vergleichszeitraum im Jahr 2008 3,32 Prozent und beispielsweise im Jahr 2002 noch vier Prozent waren. Arbeitsmarktexperten bestätigen seit langem die naheliegende Erklärung mit in konjunkturell schwachen Phasen steigender Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes. Besonders deutlich wurde dies im ersten Halbjahr 2009: Nach den Zahlen vom Juli meldeten sich im bis dahin weniger ArbeitnehmerInnen krank als je.

Die Unternehmen profitierten von dieser Entwicklung, müssten im Jahr aber immer noch rund 30 Milliarden Euro für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ausgeben, schreibt die «Welt». Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) fordert daher von der Bundesregierung, die Lohnfortzahlung in den ersten Tagen der Krankheit einzuschränken.

Ergänzende Faktoren: zunehmende Dienstleistungsberufe und Teilzeit

Der einzig positive Aspekt in diesem Zusammenhang ist der ergänzende Hinweis, dass diese Angst offenbar nicht der einzige Grund für den Rückgang der Krankenstände ist. Arbeitsmarktfortscher gehen davon aus, dass auch die Zunahme von Dienstleistungsberufen mit generell weniger Erkrankungen als bei körperlich anstrengenden Arbeiten eine Rolle spielt; ein weiterer Faktor ist ihnen zufolge ein wachsender Anteil von Teilzeitarbeit an Beschäftigungsverhältnissen.