Siemens Dialog
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18.05.2024, 16:05 Uhr

"Nicht nachvollziehbar, inakzeptabel, überzogen"

  • 08.07.2008
  • Allgemein

Die IG Metall Bayern hat die dem Wirtschaftsausschuss vorgestellten und heute veröffentlichten Pläne Siemens' zum Stellenabbau mit Nachdruck zurückgewiesen. Bezirksleiter Werner Neugebauer bezeichnete sie angesichts der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens als "weder nachvollziehbar noch akzeptabel, und in diesem Umfang völlig überzogen."

Peter Löscher und Personalvorstand Siegfried Russwurm stellten der Presse am Dienstag im Münchner SiemensForum (Bild) die Pläne vor, mit denen Siemens seine Vertriebs- und Verwaltungskosten senken sowie andere Bereiche wettbewerbsfähiger machen will.

3.250 Stellen in Erlangen, München, Nürnberg und Berlin

Bereits im Vorfeld war bekannt geworden, dass davon insgesamt 6.450 Stellen in Deutschland betroffen sind; 5.250 Stellen werden im Zuge des Kostensenkungs-programms entfallen, weitere 1.200 sollen mit dem Bereich Siemens Industrial Montage Services (SIMS) das Unternehmen verlassen. Die am stärksten betroffenen Standorte sind erwartungsgemäß Erlangen mit etwa 1.350 Stellen, München (1.000), Nürnberg (550) und Berlin (350).

Widerspruch zur wirtschaftlichen Lage

Neugebauer unterstrich in einer ersten Reaktion auf die Pressekonferenz Siemens' am Dienstag Nachmittag den Widerspruch des geplanten drastischen Abbaus zur wirtschaftlichen Situation: "Siemens steht wirtschaftlich gut da, die Auftragsbücher sind voll. Der geplante Stellenabbau ist vor diesem Hintergrund weder nachvollziehbar noch akzeptabel, und in diesem Umfang völlig überzogen." (siehe nebenstehenden Link zur Pressemitteilung PM-IG-Metall-Bayern8-7-2008.pdf)

Auch die Aussage der Unternehmensführung, der geplante Personalabbau werde überwiegend die so genannten "Lehmschichten" im mittleren und oberen Management treffen, ist irreführend. Tatsächlich beziehen sich die Pläne überwiegend auf Beschäftigte, die unter den Tarifvertrag der IG Metall fallen. Zu guter Letzt bleiben auch nach der zweitägigen Information der Arbeitnehmerseite im Wirtschaftsausschuss noch etliche Fragen offen.

Kündigungen "nur das allerletzte Mittel" - aber keine Garantie

Positiv fiel im Verlauf der Pressekonferenz auf, dass sowohl Löscher als auch Russwurm mehrfach betonten, man wolle den Stellenabbau im offenen Dialog mit der Arbeitnehmerseite und "so sozialverträglich wie möglich" durchführen; betriebsbedingte Kündigungen seien dabei so Russwurm, "nur das allerletzte Mittel" - einen ausdrücklichen Verzicht darauf wollte dennoch weder er noch der CEO erklären.

Verantwortung für die Beschäftigten

Arbeitnehmervertreter und IG Metall werden jeden einzelnen zur Disposition stehenden Arbeitsplatz überprüfen: "Pauschalkürzungen per Rasenmäher sind mit uns nicht zu machen," sagte Neugebauer. Sollte die Überprüfung tatsächlich Abbaubedarf ergeben, muss das Unternehmen seiner Verantwortung gegenüber den Beschäftigten gerecht werden: "Ich warne Siemens nachdrücklich vor dem Versuch, sich dieser Verantwortung zu entziehen." Dies betrifft besonders die Mittel, mit denen ein möglicher Abbau umgesetzt würde: "Wir erwarten, dass auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet wird."

Die IG Metall Bayern fordert Siemens auf, gemeinsam mit Beschäftigten, Interessenvertretern und IG Metall nach Alternativen zum geplanten Personalabbau zu suchen und tragfähige Konzepte zu erarbeiten. Die Stärke des Unternehmens beruht maßgeblich auf den Mitarbeitern. Der geplanten Abbau droht, diese Stärke zu gefährden und Know-how zu vernichten, das Siemens noch dringend brauchen wird: "Kostensenkung durch Stellenabbau ersetzt keine nachhaltige Strategie, sondern ist ein Zeichen für den Mangel an guten Ideen", so Neugebauer.

Information und Beratung

Seit Dienstag Nachmittag werden die Information aus dem Wirtschaftsauss im Gesamtbetriebsausschuss erörtert. Am Abend werden die Ergebnisse den lokalen Betriebsratsgremien weitergeleitet, anschließend werden Gesamtbetriebsrat, Betriebsräte und IG Metall gemeinsam ihr weiteres Vorgehen beraten. Neugebauer kündigte dazu an: "Sollte es nötig werden, sind in der Folge unterschiedliche Formen des Protestes und des Widerstands möglich."