Siemens Dialog
https://www.dialog-igmetall.de/nachrichten/scharfe-kritik-an-verkauf-von-siemens-vdo
06.05.2024, 04:05 Uhr

Scharfe Kritik an Verkauf von Siemens VDO

  • 27.07.2007
  • Operativ

Nach der Verkaufsentscheidung von Siemens VDO an Conti bröckelt das Fundament, auf dem Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite gemeinsam an einem Strang ziehend Siemens wieder zu mehr Ruhe und Stabilität verhelfen wollten. Der Verkauf ignoriert weitgehend die Interessen der Beschäftigten, IG Metall und Betriebsräte reagieren mit erheblichem Unverständnis.

Bereits am Mittwoch hatte der zweite IG Metall-Vorsitzende Berthold Huber kritisiert, Siemens und Conti entzögen sich ihrer Verantwortung für die Beschäftigten, offenbar habe man aus dem BenQ-Debakel nichts gelernt. Bayerns IG Metall-Chef Werner Neugebauer, in dessen Bezirk mit Regensburg und Würzburg zwei VDO-Großstandorte und mit Nürnberg und Ingolstadt zwei von Conti durch den Verkauf betroffen sind, reagierte ebenfalls mit scharfer Kritik: "Ich befürchte, wir werden noch ein Desaster erleben."

Auf einer Pressekonferenz am Freitag Vormittag werden sich in Regensburg die Betriebsratsvorsitzenden von Siemens VDO in Regensburg und Würzburg sowie die örtlichen IG Metall-Betreuer gemeinsam mit Neugebauer weiter zum Verkauf und den möglichen Folgen äußern.

Mehrere Tausend Stellen bedroht?

Neugebauer sieht durch den Verkauf bis zu 7.000 Stellen bei Siemens VDO und Conti bedroht und befürchtet, man werde "schneller als uns lieb ist in einer Auseinandersetzung befinden." Bei Berechnungen der zum Erreichen der von Siemens vorgegebenen Margenziele  hatte VDO die Reduktion von 19.000 auf 14.000 Stellen in den Raum gestellt; hinzu kommen Überschneidungen zwischen bereits bei Conti vorhandenen Kapazitäten in Regensburg und Ingolstadt und dem Regensburger VDO-Werk, so Neugebauer: "Wir haben eine Überschneidungsquote von 80 Prozent. Das heißt, einen der Standorte wird es treffen." Auch die Zukunft des Standorts Würzburg, der erst im Frühjahr mit massivem Widerstand der Beschäftigten Verkaufspläne unter anderem an Brose abgewendet hatte, ist nun wieder offen.

"Restrukturierung" ohne Garantien

Continental-Vorstandschef Manfred Wennemer preist den Deal im Einklang mit Siemens und Vertretern der Landesregierungen in Niedersachsen und Bayern als gelungene industriepolitische Weichenstellung, die allen Beteiligten gerecht werde. Im selben Atemzug wird er allerdings seinem Ruf als knallharter Manager gerecht, was Arbeitsplätze und Arbeitnehmerinteressen angeht: Das so genannte "Eckpunktepapier" stellte er - unzutreffend - als mit der IG Metall vereinbart dar, betont gleichzeitig, darin seien keinerlei Garantien enthalten, mag einen Stellenabbau folglich keineswegs ausschließen und findet im übrigen, es sei doch "völlig klar", dass es im Zuge der Übernahme auch zu Restrukturierungsprozessen kommen werde.

Was man sich unter "Restrukturierungsprozessen" vorzustellen hat, ist aus der Vergangenheit so sattsam bekannt - davon, dass es am Ende einer Restrukturierung genauso viele oder gar mehr Stellen gegeben hat als am Anfang, hat wohl noch nie jemand gehört.

Kein Wunder also, dass auch Neugebauer gegenüber Wennemer erhebliche Vorbehalte hat: "Herr Wennemer hat sich in der Vergangenheit als rücksichtsloser Shareholder-Kapitalist profiliert und in den Gesprächen mit der IG Metall standort- und beschäftigungssichernde Maßnahmen abgelehnt."