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04.05.2024, 02:05 Uhr

Arbeitshetze und Zeitdruck

  • 29.06.2009
  • Allgemein

Zum dritten Mal stellte der Deutsche Gewerkschaftsbund vergangene Woche seinen Index "Gute Arbeit" vor. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit von Richtungswechseln in mehreren Bereichen. Besondere Kritik entsteht an der ohnehin zunehmend umstrittenen Rente mit 67: 50 Prozent der Beschäftigten erwarten nicht, so lange durchhalten zu können.

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Der <link http: www.dgb-index-gute-arbeit.de dgb-index_2009 _blank external-link-new-window>Gute ArbeitDGB-Index Gute Arbeit 2009 basiert auf den Aussagen von knapp 8.000 Beschäftigten aller Regionen, Einkommensgruppen, Branchen, Betriebsgrößen und Arbeitsverhältnisse und ist damit repräsentativ für die Meinung von ArbeitnehmerInnen in Deutschland. 15 Kategorien von Qualifizierungs- und Entwicklungs-möglichkeiten bis zum Einkommen fließen ein.

12 gut, 55 mittel, 33 schlecht

Insgesamt schätzen die Beschäftigten ihre Arbeitsbedingungen offenbar sehr konstant ein, die Ergebnisse liegen nah an denen des Vorjahrs. 12 Prozent der Arbeitsplätze werden als umfassend positiv beschrieben, 55 Prozent liegen im Mittelfeld, 33 Prozent werden schlecht bewertet. Der Durchschnittswert beträgt 58 von maximal 100 möglichen Punkten und liegt damit um 22 unter den Anforderungen an gute Arbeit, aber nur acht oberhalb der Grenze zu schlechter.

Westen besser als Osten

Als "alarmierend" bezeichnet der DGB-Vorsitzende Michael Sommer das deutlich erkennbare West-Ost-Gefälle, das aufgrund des Erhebungszeitraums zudem die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise noch nicht erfasst: Während der Index im Westen einen Wert von 59 Punkten erreicht, liegt er im Osten nur bei 55 Punkten; Hauptursache sind die Faktoren Einkommen und Sicherheit.

Holzweg Rente mit 67

Nur jeder zweite Beschäftigte erwartet, unter seinen derzeitigen Arbeitsbedingungen bis zum Rentenalter arbeiten zu können; unter den prekär Beschäftigten sinkt der Anteil sogar auf 35 Prozent. Nur 19 Prozent rechnen damit, unter ihren derzeitigen Arbeitsbedingungen bis zur Rente durchzuhalten. Besonders gravierende Auswirkungen auf das Arbeitsvermögen haben den Angaben zufolge Arbeitshetze und Zeitdruck.

Der Zweite Vorsitzende der IG Metall, Detlef Wetzel, ging bei der Vorstellung des Indizes vor diesem Hintergrund auf die Frage der Rente mit 67 ein, die angesichts der krisenbedingten Tendenzen auf dem arbeitsmarkt ohnehin erneut in eine äußerst kritische Debatte geraten ist: "Wer bei all diesen Ergebnissen immer noch glaubt, an der Rente mit 67 festhalten zu müssen, ist auf dem Holzweg." Die Liberalisierung und Deregulierung des Arbeitsmarktes haben nach seiner Überzeugung vor allem der jungen Generation ihre Zukunftschancen geraubt, von der zwei Drittel sei prekär oder atypisch beschäftigt sind. Wetzel fordert daher klipp und klar: "Schluss mit ‚Generation Prekär'. Dem Ziel von mehr Sicherheit und weniger Armut durch reguläre Jobs müssen sich alle verpflichten, die politische Verantwortung in diesem Land tragen."

"Weg von der Kurzfrist-Ökonomie"

An die Adresse der Unternehmen gerichtet erklärte Wetzel, sie müssten "weg von der Kurzfrist-Ökonomie, die versucht, den Wettbewerb über schlechtere Arbeitsbedingungen, längere Arbeitszeiten und niedrigere Löhne zu gewinnen". Stattdessen müssten mehr Qualität sowie Produkt-, und Prozessökonomie in den Vordergrund rücken - das also, was die IG Metall unter dem Leitwort "Besser statt billiger" anstrebt. Die liegt auch im Interesse der Unternehmen, deren Innovationsfähigkeit darüber entscheidet, ob sie langfristig im Wettbewerb bestehen können. Die Zukunft, so Wetzel, entstehe dort, wo der Mensch als Quelle aller Wertschöpfung begriffen werde. Sie werde allerdings dort verspielt, wo der Mensch lediglich Kostenfaktor sei.