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17.05.2024, 06:05 Uhr

BenQ-Prozesse: Siemens geht vors BAG

  • 24.07.2008
  • Konzern

Nachdem Siemens vor den Landesarbeitsgerichten in München und Düsseldorf eine Reihe von Prozessen gegen frühere BenQ Mobile-Beschäftigte verloren hat, steht nun nur noch eine Instanz offen. Können sich die Kläger auch vor dem Bundesarbeitsgericht durchsetzen, steht unwiderruflich fest: Der Betriebsübergang von Siemens zu BenQ war mangels ausreichender Information ungültig.

Sowohl die Arbeitsgerichte in München und Wesel als auch die jeweiligen Landesarbeitsgerichte hatten zuvor in der Mehrheit der Verfahren für die Kläger entschieden. Bei ihnen handelt es sich um ehemalige Siemensianer, die wegen unzureichender Information über die Auswirkungen des Übergangs zu BenQ im Jahr 2005 nachträglich Widerspruch dagegen eingelegt hatten (siehe In Verbindung stehende News).

Schläge fürs anfängliche Selbstbewusstsein

Siemens hatte sich nach Beginn der Verfahren um Vergleiche mit möglichst vielen Klägern bemüht. Betroffenen, mit denen dies nicht gelang, schickte man vorsichtshalber Kündigungen, um ein eventuell doch noch bestehendes Arbeitsverhältnis in jedem Fall zu beenden - offenbar dämmert es einigen Juristen des Unternehmens, dass ihr ursprüngliches Selbstbewusstsein fehl am Platze war.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hatte zuletzt Ende April den Klagen Betroffener stattgegegeben und begründet, Siemens habe mit dem Informationsschreiben vom 29.08.2005 einen unzutreffenden Eindruck bei den Beschäftigten erweckt:
"Die Beklagte wusste, dass ein Restrukturierungsaufwand für den defizitären Bereich erforderlich war und dass der Muttergesellschaft der übernehmenden BenQ Mobile ein dreistelliger Millionenbetrag als Restrukturierungshilfe zur Verfügung gestellt wurde. Damit war klar, dass es von dem Wohlwollen der Muttergesellschaft abhing, ob letztlich die neu gegründete BenQ Mobile überlebensfähig ist. [...] Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass der Verkauf des Geschäftsbereiches mit ca. 3000 Beschäftigten an eine neu gegründete und mit einem Stammkapital von 50.000 € ausgestattete Tochtergesellschaft der BenQ Corporation eines konkreten Hinweises auf die Neugründung bedurft hätte, zumal diese Firma zum Zeitpunkt des Informationsschreibens noch nicht einmal im Handelsregister eingetragen war."

Sorgfalt statt Überheblichkeit

Siemens hat nun beim Bundesarbeitsgericht in Erfurt Revision gegen die Urteile eingelegt und muss sie bis Mitte September 2008 begründen. Man darf auf den endgültigen Ausgang gespannt sein - nicht nur, weil damit unter Umständen eine späte Genugtuung für Ex-Siemensianer erfolgt, die dann das "Ex" wieder streichen könnten. Eine Signalwirkung gäbe es auch für die Zukunft: Unternehmen müssten ihre Sorgfalt bei der Information über bevorstehenden Betriebsübergänge deutlich verbessern. Damit wäre die Zeit vorbei, in der Firmen zweifelhafte Portfolioveränderungen den unmittelbar Betroffenen mit wohlklingenden, aber letztlich wenig zuverlässigen Behauptungen verkaufen können.