Siemens Dialog
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07.05.2024, 02:05 Uhr

EA: Von "toll" wenig zu spüren

  • 02.04.2008
  • Operativ

Vor zwei Wochen erfuhren die Beschäftigten der Business Unit Electronics Assembly Systems (EA) von den Plänen, sie bis Jahresende auszugliedern und als Tochter, eventuell mit einem Partner, weiterzuführen. "Tolle Neuigkeiten" nannte das ihr Chef - Begeisterung mag angesichts ungewisser Perspektiven beim besten Willen trotzdem nicht aufkommen.

EA-Leiter Günter Lauber: "von<br>Annehmlichkeiten verabschieden"

Günter Lauber, CEO der Business Unit EA, zeigt sich in einem <link http: ea.automation.siemens.com bausteine.net file _blank external-link-new-window>LinkInterview begeistert: Die Ausgliederung in eine eigenständige Einheit als Siemens-Tochter der Industry-Division Drive Technologies bezeichnet er als "tolle Neuigkeiten" mit "großen Chancen" - "sei es allein oder in Partnerschaft."

Von Annehmlichkeiten verabschieden?

Nun gehört Begeisterung für ihn gewissermaßen von Amts wegen dazu. Im Rundschreiben an die MitarbeiterInnen kommt schon der eine oder andere weniger enthusiastische Ton hinzu: "Ganz klar, ein solcher Carve-out Prozess kostet viel Kraft. [...] Und es wird den einen oder die andere von uns auch schmerzen, wenn es heißt, sich von liebgewordenen Gewohnheiten und Annehmlichkeiten zu verabschieden." Man darf wohl annehmen, dass Lauber sich selbst nicht zu diesem Kreis zählt.

Das erwartet eher die Beschäftigten in München und Bruchsal. Formulierungen wie "gehört nicht mehr zum Kerngeschäft", "Umstrukturierungsmaßnahmen", "eigenständig und unabhängig" und vor allem "Partner" haben bei Siemens leider schon allzu oft letztlich nur eines bedeutet: Einen Prozess nach dem Muster Ausgliederung - Verkauf - Einbußen - wirtschaftliche Schieflage. Denkt man zum Beispiel an FEAG, das Karlsruher Leiterplattenwerk, BenQ, Sinitec und aktuell die früheren A&D-Kollegen, die in der Dematic GmbH gegen den Druck des "Partners" kämpfen, scheint die Zukunft als Siemens-Tochter nicht sehr verlockend.

Parallelen gibt es auch bei der Vorgeschichte. Die EA-Beschäftigten unterziehen sich schon seit langer Zeit einem nicht enden wollenden Restrukturierungs- und Verschlankungsprozess. "Go to Asia" bedeutet Verlagerungen von Fertigung, Forschung und Entwicklung nach Singapur; "Future EA" bedeutet eine Welle von Einsparungen, Umorganisation und Stellenabbau über freiwillige Maßnahmen; letzterer ist mit 150 Arbeitsplätzen derzeit noch nicht einmal beendet.

Vertrauensschwund auf einen Schlag

Umso härter trifft die Entscheidung zur Ausgliederung nun die Beschäftigten, die alles stets gut motiviert und klaglos mitgetragen haben, im Vertrauen darauf, dass es letztlich der Sicherheit ihres Unternehmens und ihrer Existenzen diente. Jetzt fühlen sie sich ausgenutzt, zutiefst verunsichert darüber, dass man sie am Ende doch bloß loswerden will. Schöne Worte zur angeblich glänzenden Zukunft, wie man sie schon bei etlichen anderen Bereichen vor Ausgliederungen hörte, können daran nichts ändern.

Berechtigte Ansprüche

Dabei geht es nicht um "Panikmache", mit der man auf Arbeitgeberseite gern jedes sachliche Hinterfragen von Managemententscheidungen abstempelt; es geht um berechtigte Ansprüche, um am Ende nicht als gutgläubiger Verlierer im Regen zu stehen. Und so formiert sich bei EA auf der Arbeitnehmerseite eine Position, die Alternativen zu der ungewünschten "Chance" auf eine "unabhängige" Zukunft will.

Im Vordergrund steht der Verbleib im Siemens Konzern - Siemens muss die Verantwortung für das Geschäft und seine Mitarbeiter behalten, anstatt sich Schritt für Schritt zu verabschieden. Dazu gehört auch der Erhalt dessen, was man sich jahrelang mit viel Einsatz verdient hat, von tariflichen Arbeitsbedingungen bis zu einer abgesicherten Altersvorsorge - Dinge, die bei einem "Partner", der sich womöglich wie bei Dematic als Finanzinvestor entpuppt, auf einen Schlag zur Disposition stehen könnten.