Siemens Dialog
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02.05.2024, 09:05 Uhr

Mdexx-Sozialplan unterschrieben

  • 11.12.2009
  • Konzern

Bei mdexx wurde der bereits vor einigen Tagen im Grundsatz vereinbarte Sozialplan am Mittwoch in der Einigungsstelle unterschrieben. Anschließend wurden auf einer Betriebsversammlung die Belegschaft und dann bei einer Pressekonferenz die Medien informiert. Die lange, harte Auseinandersetzung ist damit beendet.

Die Bremer IG Metall fasste am Donnerstag das damit abgeschlossene Ergebnis in einer ersten Bewertung wie folgt zusammen:

Die negative Seite

Nicht durchsetzen konnten wir uns beim wirtschaftlichen Konzept. Das Unternehmen wird die profitablen Produkte nach Tschechien verlagern und die zur Zeit wenig erfolgreichen bleiben in Bremen. Damit hat nach unserer Einschätzung der Standort längerfristig keine Perspektive, denn es ist eine Illusion zu glauben, dass er auf Dauer vom Handelsgeschäft leben kann. Rund  200 Arbeitsplätze gehen aktuell verloren und die Garantie "Erhalt von 200 der noch 260 verbleibenden Arbeitsplätze bis Mitte 2012" ist uns zu wenig.

Was haben wir erreicht

1. Für alle Arbeitnehmer, die jetzt oder bis Mitte 2012 ihren Arbeitsplatz verlieren, gibt es eine gut dotierte Transfergesellschaft für ein Jahr und eine überdurchschnittliche Abfindung. Letztlich gilt das für alle ca. 470-480 Beschäftigten.

2. Die Arbeitnehmerseite verwaltet allein das Sozialplanvolumen von 17,2 Millionen Euro (Beirat: 2 BR, 1 IGM-Sekretär). Die Arbeitgeber haben dabei nichts zu melden. Das gab es sonst noch nie.

3. Das Arbeitsgericht Bremen hat per einstweiliger Verfügung entschieden, dass Betriebsräte verlangen können, bei geplanten Entlassungen zunächst über Kurzarbeit zu entscheiden. Auch das gab es noch nie, und es hilft allen in den vielen Betrieben, die zur Abwehr von Entlassungen um Kurzarbeit kämpfen.

Gegen wen haben wir gekämpft?

Wir mussten gegen den milliardenschweren Siemens-Konzern kämpfen.  Wir haben mit 'Postboten' in der Einigungsstelle zusammengesessen, die machen mussten, was Siemens im Verein mit der Schweizer Heuschrecke vorgab. Unsere Gesprächspartner hingen an der kurzen Leine und mussten ständig bei jeder Kleinigkeit Telefonkonferenzen durchführen.

Wie haben wir das durchgesetzt

1. Das Ergebnis wurde mit einer offensiven Arbeitskampfstrategie durchgesetzt. Wir haben zuletzt über mehrere Tage im ständigen Wechsel Warnstreik, dann bezahlte Frühstückspause und bezahlte Betriebsversammlung, dann wieder Warnstreik, bezahlte Frühstückspause, bezahlte Betriebsversammlung ... durchgeführt und damit den wirtschaftlichen Druck (faktisch wie bei einem Erzwingungsstreik mit Urabstimmung) erzielt, der das Ergebnis erst ermöglicht hat.

2. Die Belegschaft hat sich nie spalten lassen: Von Verlagerung Betroffene und nicht von Verlagerung direkt Betroffene; Angestellte und Arbeiter; jetzt Gekündigte und noch nicht Gekündigte wollte der Arbeitgeber immer wieder gegeneinander ausspielen - das haben wir verhindert.

3. Wir haben es geschafft, die Öffentlichkeit für uns zu gewinnen. Die Medien (Presse, Funk und Fernsehen) standen auf unserer Seite. Geholfen hat uns dabei das dummdreiste Vorgehen der Arbeitgeberseite (insbesondere der Wortbruch vor Gericht und die Verteilung der Kündigungen in einer Nacht- und Nebelaktion) - das hat die Bremer empört.

4. Die Solidarität aus vielen Betrieben war überwältigend - dafür an alle, die ihre Freizeit dafür geopfert haben und praktische Solidarität geübt haben vielen Dank. Das hat sehr geholfen und die Kolleginnen und Kollegen bei mdexx sehr positiv beeindruckt!

5. Wir haben drastisch an Mitgliedern gewonnen, vorher unter 50 % jetzt um 80 % Organisationsgrad.

Wie geht es weiter

Wir wollen eine Transfergesellschaft, die arbeitsmarktpolitisch neue Wege gehen soll, besonders für die Frauen, die ihren Arbeitsplatz verlieren. Rund 40 Prozent der Betroffenen sind Frauen mit Anlerntätigkeiten, die es schwer haben werden, wieder einen tariflich geregelten und sozialversichungspflichtigen Arbeitsplatz zu finden.

Wir werden die verbleibenden Arbeitsplätze mit allen Mitteln verteidigen.