Siemens Dialog
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04.05.2024, 08:05 Uhr

Radikaler Wandel

  • 27.05.2008
  • Allgemein

Während der Prozessauftakt in der Schmiergeldaffäre im Rampenlicht steht, zeichnen sich von der Öffentlichkeit weit weniger wahrgenommen tiefgreifende Veränderungen im Unternehmen ab. Der Austausch eines Großteils der Konzernführung und das wachsende Gefühl, ohnehin an einem Neuanfang zu stehen, bereiten den Boden dafür.

Der Blick auf das, was die Menschen bei Siemens wirklich bewegt, sei durch die Korruptionsaffäre verstellt, konstatiert ein <link http: www.tagesspiegel.de zeitung _blank external-link-new-window>Bericht des "Tagesspiegel" vom 26. Mai, und: "Hinter der Fassade verändert sich der Konzern radikaler und schneller als vielleicht jemals zuvor in seiner mehr als 160-jährigen Geschichte."

Die Feststellung trifft zumindest für einen großen Teil der früheren "Siemens-Familie" zu, deren Zerfall bereits vor Jahren begann. Die Zeitung zitiert einen langjährigen Betriebsrat zu dem, was nun im Zuge der Restrukturierung geschieht: "Bei der letzten großen Neuorganisation vor 20 Jahren ging es darum, aus dem großen Tanker Siemens viele bewegliche Schiffe zu machen, die selbstständig agieren. Jetzt versucht man, die Zersplitterung wieder aufzuheben."

Unternehmensweite Veränderungen

Gemeint ist die Gliederung in die drei Sektoren mitsamt der entsprechenden Verantwortungen. Aber auch wachsender Erfolgsdruck, die bevorstehende Senkung der Kosten in zentralen Bereichen und das "Aufräumen" in allem, was nicht zum Kerngeschäft gehört, sorgt für Unruhe und Verunsicherung. Peter Löscher setzte bekanntlich die Margenziele herauf, nachdem sie in vielen Bereichen schon vor den angepeilten Stichtagen erreicht wurden; die Administration soll um möglichst 20 Prozent günstiger werden, die Anzahl der Konzernbetriebe um etwa die Hälfte schrumpfen.

Vom deutschen Global Player zum Global Player

Dass solche Einschnitte nicht ohne Personalabbau gehen werden, daraus macht Löscher keinen Hehl, auch wenn er sich bislang vor konkreten Zahlen hütet. Hinzu kommt das Forcieren der Internationalisierung, das zwangsläufig immer wieder Standortfragen aufwirft. Wolfgang Niclas, erster IG Metall-Bevollmächtigte in Erlangen - dem Standort, den Löscher als "Seele von Siemens" bezeichnete - bringt es auf den Punkt: "Löscher wird aus dem deutschen Global Player einen reinen Global Player machen."

Ein Erlanger Betriebsrat fasst im "Tagesspiegel" zusammen, was die Summe all dieser Umwälzungen für die Beschäftigten bedeutet: "Die Kollegen wüssten zwar jetzt, wohin sie in der neuen Struktur gehörten, aber 'ob sie selbst in ein paar Monaten noch da sind, wissen sie nicht'."