Siemens Dialog
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26.04.2024, 15:04 Uhr

Wachsender Druck auf Pierer & Co

  • 23.11.2009
  • Allgemein

Je näher das Fristende für eine Einigung in der Schadensersatzfrage mit Siemens' Ex-Vorständen rückt, desto stärker wird das Medieninteresse. Ein Gutachten stützt nun offenbar erneut die Annahme, der damalige Vorstand habe schon 2003 etliche Korruptionshinweise gehabt. Ein Jurist erklärt unterdessen, warum der Aufsichtsrat bei der Verfolgung der Forderungen kaum Spielraum hat.

"<link http: www.spiegel.de wirtschaft unternehmen _blank external-link-new-window>undefinedSpiegel online" meldete am Wochenende vorab aus der neuen Ausgabe, die ein "streng vertrauliches Gutachten" der Anwaltskanzlei Hengeler Mueller zitiert. Der Zentralvorstand soll demnach Ende 2003 "massive Hinweise auf die Existenz schwarzer Kassen, dubioser Beraterverträge oder fragwürdiger Treuhandkonten" gehabt, aber nicht mit schärferen Kontrollen reagiert haben.

Das Gutachten soll den Managern daher vorwerfen, sie hätten "mangelnde Disziplinierung" toleriert und konsequentes Durchgreifen "in manchen Fällen sogar bewusst verhindert". Ab 2004 sollen die Schwachstellen des Antikorruptionssystem "derart offenkundig" gewesen sein, dass man von einer Verletzung der Organisations- und Aufsichtspflicht der Verantwortlichen ausgehen müsse.

Nicht wirklich neu

Neu sind diese Informationen eigentlich nicht; das der Zeitung nach eigenen Angaben vorliegende Gutachten stützt allerdings die Vorwürfe, die überhaupt erst die Basis für Siemens' Schadensersatzforderungen bildeten (siehe Schadensersatzforderungen gegen Ex-Manager) und seitdem immer wieder berichtet wurden (siehe Steigender Druck auf frühere Top-Manager).

Aufsichtsrat in der Pflicht

Die "<link http: www.boersen-zeitung.de index.php _blank external-link-new-window>undefinedBörsenzeitung" beschäftigte sich ihrerseits mit der Frage, inwiefern Siemens Freiraum im Umgang mit den Schadensersatzforderungen hat. Professor <link http: www.jura.uni-tuebingen.de professoren_und_dozenten habersack _blank external-link-new-window>undefinedMathias Habersack (Foto oben) konzentriert sich auf die juristische Analyse der Situation, streng getrennt vom bisweilen unsachlichen Umgang mit der Affäre in den Medien. Habersack bezeichnet das in jüngester Zeit zunehmend kompromisslose Vorgehen gegen die früheren Vorstände als "rechtlich geboten und angemessen" und nennt zwei wesentliche Gründe.

Vorstände nachweispflichtig

Zum Einen definiert <link http: dejure.org gesetze aktg _blank external-link-new-window>undefined§ 93 des Aktiengesetzes, dass Vorstandsmitglieder, die ihre Sorgfaltspflichten verletzen, ihrem Unternehmen zu Schadenersatz verpflichtet sind und im Streitfall belegen müssen, dass kein pflichtwidriges Verhalten vorliegt - im Gegensatz also zur Unschuldsannahme im Strafrecht, die als rechtsstaatlicher Grundsatz gilt. Habersack folgert: "Schon deshalb ist es schief, aus der Tatsache, dass ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren nicht eröffnet ist, irgendetwas in Bezug auf die zivilrechtliche Verantwortlichkeit herleiten zu wollen."

"Gar nichts anderes übrig"

Zum Anderen ist der Aufsichtsrat selbst verpflichtet, einen etwaigen Schadensersatzanspruch des Unternehmens bei Hinweisen auf pflichtwidriges Verhalten aktueller oder früherer Vorstände zu verfolgen. Tut er dies nicht, kann er seinerseits wegen Verletzung seiner Überwachungspflichten in Haftung genommen werden. Dabei spielt es weder ein Rolle, ob er eine Verfolgung vielleicht lieber unterlassen würde, noch ob es sich um Personen mit ansonsten hohen Verdiensten handelt. Habersack stellt fest: "Dem Siemens-Vorstand bleibt danach also, wenn er von einem sorgfaltswidrigen Verhalten ehemaliger Mitglieder des Vorstands überzeugt ist, gar nichts anderes übrig: Er muss den Anspruch verfolgen [...]"