Siemens Dialog
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29.04.2024, 06:04 Uhr

SEN: Karten auf dem Tisch

  • 26.02.2008
  • Konzern

Die Katze ist aus dem Sack: Siemens informierte am Dienstag Morgen Öffentlichkeit und den Wirtschaftsausschuss von Siemens Enterprise Communications über seine Restrukturierungspläne. Weltweit werden 6.800 Stellen durch Verkäufe, "Lösungen mit Dritten" oder Abbau betroffen sein, davon insgesamt 3.200 in Deutschland.

SEN in München: in erster Linie das<br>Stammhaus betroffen.

Wie Siemens in einer <link http: w1.siemens.com press de pressemitteilungen corporate_communication axx20080237-d.htm _blank external-link-new-window>undefinedPressemitteilung ausführt, beziehen sich "geplante Verkäufe oder Lösungen mit Dritten" weltweit auf rund 3.000 MitarbeiterInnen, davon etwa 1.200 in Deutschland. Zusätzlich sollen weltweit 3.800 Arbeitsplätze entfallen, davon "bis zu 2.000" in Deutschland. Dies soll in Deutschland in erster Linie das Stammhaus von SEN (München Hofmannstraße) sowie weitere Verwaltungs- und Supportfunktionen betreffen.

Die SEN-Fertigung in Leipzig soll mit ihren etwa 530 ebenso wie das Nachrichtenkabelgeschäft mit rund 60 Beschäftigten verkauft oder in noch nicht näher bezeichnete Partnerlösungen eingebracht werden. Für den Bereich Small and Medium Business (SMB) mit rund 570 weitere MitarbeiterInnen sucht Siemens die Partnerschaft mit einem IT-Anbieter.

Chief Financial Officer Joe Kaeser erklärt in der Pressemitteilung, mit diesen Maßnahmen wolle man "den beschleunigten Umbau" des ehemaligen COM-Bereichs sowie die damit einhergehende Sanierungs "unter der Kontrolle von Siemens" beginnen. Dies solle "auch sicherstellen, dass die mit der Sanierung einhergehenden Personalmaßnahmen so sozialverträglich wie möglich gestaltet werden." Arbeitsdirektor Siegfried Russwurm konkretisiert in diesem Zusammenhang, Siemens wolle in Deutschland "die Verhandlungen über einen Interessensausgleich mit der Arbeitnehmerseite unverzüglich beginnen und hoffen auf einen möglichst schnellen Abschluss, um den Mitarbeitern größtmögliche Sicherheit über ihre Zukunft zu geben."

Siemens muss Verantwortung übernehmen

Die IG Metall in den am stärksten von den Plänen betroffenen Bezirken Bayern und NRW sowie der Gesamtbetriebsrat von SEN reagierten ihrerseits mit Presseerklärungen auf die Ankündigung Siemens'. Sie fordern an erster Stelle, Siemens müsse die Verantwortung für seine Tochter SEN übernehmen und dürfe den Konzernumbau nicht zum "Ausverkauf für Beschäftigte" machen. Mit Blick auf die bevorstehende Sanierung warnen die Arbeitnehmervertreter, diese auf Kosten der Beschäftigten umzusetzen. Außerdem weisen sie der Vollständigkeit halber auf die geltende Beschäftigungssicherung bis zum September 2009 hin, die im Zuge der COM-Ausgliederung vereinbart wurde und unter anderem betriebsbedingte Kündigungen ausschließt.

Der bayerische IG Metall-Bezirksleiter Werner Neugebauer kritisierte, es fehle Siemens bis heute an einem offensiven Gesamtkonzept: "Nur Personal abbauen und verkaufen ist verantwortungslos. Mit der erreichten hohen Spitzentechnologie, der Kompetenz und zusätzlicher Geduld für absehbare Markterfolge, sind andere Perspektiven für die Beschäftigten möglich." Er fordert Siemens auf, "anstelle von bisher rein kostengetriebene Personalabbauplänen, die sich als wenig durchdacht erwiesen haben", nun "ernsthaft an tragfähigen, zukunftsichernden Maßnahmen" zu arbeiten.

Arbeitnehmerseite verhandlungsbereit

IG Metall und Gesamtbetriebsrat sind bereit, über Lösungen mit echten Perspektiven für die Beschäftigten zu verhandeln. Von einem potenziellen Investor erwarten sie in jedem Fall eine tragfähige Strategie und ein Gesamtkonzept. Ziel ist "ein Optimum an Perspektive zu tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen mit mehrjährige Arbeitsplatzgarantien". Der nordrhein-westfälische IG Metall-Bezirksleiter Oliver Burkhard mahnte, "nur mit wirklich tragfähigen Lösungen kann es eine Chance geben. Darauf werden wir achten"; nicht nur in NRW sind die Erinnerungen an das BenQ-Desaster noch wach.

Die IG Metall und der Gesamtbetriebsrat wollen in den bevorstehenden Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan ein klares Ziel verfolgen: Auf der Basis eines Gesamtkonzepts alle Möglichkeiten zu Umschulungen, Weiterbeschäftigungen auf anderen Arbeitsplätzen und gegebenenfalls auch Brücken in neue Arbeit durch Transfergesellschaften für die betroffenen Beschäftigten durchzusetzen.